Codex Wallerstein Teil II (foll. 15-20, 33-74)
“Baumanns Ringbuch”, ca. 1470.
Inhalt:
- foll. 15rv: Einleitung
- foll. 16-20, 33-71: total 88 Stücke im Ringen
- foll. 72rv: Festhalten von zwei Gegnern
- fol. 73r-74r: Bodenkampf: Festhalten von Gegnern
- fol. 74v: Einschüchtern eines Bauern
- (fol. 75r: abgebrochene Titelzeile)
[15r]
Von ringen dy erst ler
Item zu merken das das ringen will haben dreyerlay / sterck / mass / und phentikait / dy sterck also zu prauchen das ain yeder nider sol gen in der wag und sich starck soll legen auf dy erden / Dy massz also das du den hent und fussz wist recht zu schicken in allen stäntten alstu hernach woll innen wirst / Dy phentikait also dastu woll für sechst all hinter trit zuchen und stossen armprüch dastu dar inn gut gedächtnuss habst allen ding pald zu wenten und alzeit swär und vast in dy wag vallen Dy ander ler vom ringen Auch so soltu wissen dastu einen yeden krancken vor solt ringen alz mit sterck und einen gleichen mitt solt ringen als mit mass und einen starcken nach solt ringen alsm mit phentikait / Also wen du mit einem krenckern ringst so darffstu dich nit vor im psorgen hastu massz und phentikait und seczt dich in ein stäte wag wastu dan sichst twirch oder plössz armprüch kampfstuck mordstuck oder ander stuck dy mag er dir drum nit woll werden anderst den aussz sliechen und ausweichen
[15v]
Ringstu dan mit einem gleichen so sich auch dastu dich woll pewarst vor zuchen hinter treten und arm prüchen und vor andern verfüren das thu also dastu dich stät in der wag und sterck mit massz vinden last und alzeit swärlich in in setzt und in ab arbeiczt dar nach magstu in aus phentikait über eylen mit massz dy dritt ler &c. Ringstu mit einem starcken so pewar dich also wo er dich an greift oder velt so sich dastu vast nider seiczt und ym sein arm mit dem pernen stossz auf stost und mit anderen stucken auch auf prechst und gar vil von im weichst und sich ob du in mit phentikait verfürn und über eylen mügst dastu im ein fusz erwischst oder sünst unter treczt dastu in werfst alstu dann mit mer stucken und pruchen her nach im gemelt und im geschrift vinden wirst nit mer denn ein vorred Doch so ist ein yeder krancker ringer im ernst einem starcken zu gleichen hat er pehentikait und massz kampfstuck und mordstuck empfor genomen aber mit gesellen ringen so hacz der starck alzeit empfor doch so wirt dy kunst erlopt von ritter und knechten und für allen ding &c/ das erst stuck
“Im ernsten Kampf ist jeder Schwache einem Starken ebenbürtig, wenn er Tempo und Distanz beherrscht und tödliche Technik anwendet; im sportlichen Ringen dagegen ist der Starke jederzeit überlegen”
[16r]
Item so du mit ainem ringst zu laufs aus langen arm, so denck das dein rechter arm auswendig sey und der lenck in wendig, seczt er dann einen fusz für, so prich aus mit dem arm dargegen dem fusz stee und zuck im den fusz auf und kum mit der anderen hant zu hilff und heb in hoch auf, und trit mit einem fusz in in wendigs hinter seinen fusz und tauch in zuruck / als hy gemalt stet / das magst zu paiden seitten treiben
[PHM: 10 stendt im Ringen]
[74v]
Item ob du einen pauern wild scharzen so vasz im dy haut zu samen an seinem hals und stich im dardurch als hie gemalt stet so maint er man hab im den hals ab geschnitten und schat nit
Also etwa: “Wenn du einem Bauern einen Streich spielen silst, so fass ihm die Haut am Hals zusammen und stich hindurch, so wie hier gezeichnet, so meint er, man habe ihm die Kehle durchgeschnitten, ohne dass er dabei Schaden nimmt.” ein ziemlich grober Scherz, die Zeichnung zeigt den Bauern unter einem Apfelbaum (daran gefesselt?) und der Söldner/Hooligan sticht ihn in den Hals, so dass es stark blutet.