Das älteste Fechtbuch des (damals wohl noch jungen) Hans Talhofer, Forschungsbibliothek Gotha, Ms. Chart. A558 (Hils no. 20, Leng (2008) no. 38.3.3); eine Kopie davon ist Bayerische Staatsbibliothek München, Cod. icon 395 (Hils 37.)
Das Fechtbuch entstand während der 1440er und enthält zwei Jahreszahlvermerke, 1443 auf der Titelseite und 1448 zu Liechtenauers Zettel.
Es beinhaltet Liechtenauers Blossfechten, Ross- und Kampffechten und Meister Otts Ringen. Dazu enthält es zahlreiche Illustrationen, darunter die ältesten erhaltenen Illustrationen zu Liechtenauer. Daneben (ohne Text) Illustrationen zum gerichtlichen Zweikampf und zum Dolchkampf.
Vor das Fechtbuch ist eine Anleitung zur Anwendung von Namenmagie (Onomatomantie) speziell für die Beeinflussung des Ausgangs eines Kampfes.
Hils (1985:63): “Die Handschrift ist die älteste bekannte Arbeit Talhoffers und mutmaßlich sein Erstlingswerk. Sie befand sich offenbar zumindest zeitweise in seinem Besitz, worauf ein fol. 1r gemaltes Spruchband hinweist (heute nur noch lesbar, wenn die Seite gegen das Licht gehalten wird): ‘Daz bůch ist maister hanssen talhoffersz.”
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Inhalt
- 1 (1r): Besitzvermerk
- 3 (2r): betender Fechter
- 4-6 (2v-3v): Abbildungen zu Liechtenauers Huten
- 7-8 (4r-4v): Zufechten aus der Nebenhut
- 9-33 (5r-17r): Namenmagie (Bestimmung günstigen Tages und Stunde zum Fechten)
- 35-40 (18r-20v): Liechtenauers Blossfechten
- 42-45 (21v-23r): Liechtenauers Rossfechten
- 48-95 (24v-48r): Gerichtskampf; Stechschild, Stechschild mit Keule (nur Abbildungen)
- 96 (48v) Liechtenauers Kampffechten (Harnischfechten)
- 97-152 (49r-76r) Abbildugen zum Harnischfechten
- 161-202 (81r-101v) Dolch (nur Abbildungen)
- 218-228 (109v-114v) Otts Ringen
- 232-264 (116v-132v) Abbildungen zum Ringen
- 281-295 (141r-148v) “Mechanik” (nach Kyesers Bellifortis?)
[1] yhus Xprs amen : 1443 : amen : Das bůch ist maister hannsen talh[offersz]
[3] betender Fechter, Hilff got du ewiges wort dem leib hie der sel dort :Amen:
Namenmagie
“Hartliebs Schrift von der Tagwählerei”
Das Fechtbuch beginnt mit verschiedenen esoterischen Anleitungen, wie man den Ausgang eines Duells vorhersagen könne. zuerst [13] werden Fechter nach ihrem Vornamen in “Marienbrüder” und “Georgsbrüder” aufgeteilt. Marienbrüder haben Dienstag, Donnerstag und Samstag sowie Sonntagnachmittag den Vorteil, Georgsbrüder Montag, Mittwoch, Freitag sowie Sonntagnachmittag.
Marienbrüder sind [16]:
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Georgsbrüder sind [17]:
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Es folgen fünf Diagramme, die der Text Pythagoras [22], Ptolemäus [23], Plato [25], Aristoteles [28] und Haly (=Abenragel, 11. Jh.) [31] zuschreibt.
Fechtbuch
Liechtenauer
Hye hebt sich an meister liechtenawers chunst Deß lengen swerts Anno domini xlviij Jar etc
Junck ritter lere got lieb habenn Jo frawen ere so wechst deyn ere
[36] Zornhau, Krieg, [37] Blössen, Krumphau, Twerhau, [38] Schielhau, Scheitelhau, Leger, Versetzen, Nachreisen, [39] Überlaufen, Durchwechseln, Zucken, Durchlaufen, Abschneiden, Händedrücken, [40] Sprechfenster.
Gerichtskampf
[55] 11. meyster seid mir got wilkum
Gerichtskampf [57] 13. betender Gottesgerichtskämpfer Hilff got du ewiges wort dem leib hie der sele dort :Amen: [84] 40. Da lat der maistr … den schilt … und kolben [97] 47. Gebet des Siegers im Gerichtskampf Gotesz dinr wil ich sin, er hat behiet daz lebn min.
Kampffechten
Kampffechten hebt sich Hye an.
Wer absynnet / vechtens czu fueß beginnet
der sterck sein sper czu sten am an heben
reich uber sper und ort dem verstich ane vorcht
spring wind und recht secz an wer erß czuck du gesiest In an
wiltu vor streichen mit czucken ler were prechen
merck wil er prechen von schayden vnd wil er flihen
so soltu Im nahen ye weislicher wart deß vahen
ab du wilt ringñ hinter In lern recht springe
rigel vorschissen das vor beyn chunstlich slißenn
von beyden henden ab du mit chunst gerst czu enden
ab sich verruckt das sper gegen sper wirt geczuckt
der stich Jo von Im spring Jach ringens eil czu Im
linck lang von hant slahe spring weißlich vnd den vach
?v ob er wil czucken von schayden vahe
vnd truck In das er dy ploße mit swerteß ort vor droße
leder und hantschuch und augen dy ploß recht suech
vechten ringen weißlich czu lere springen
czu schlissenn findenn dy starckenn do mit findenn
In aller ler den ort gegen der ploße kere
wo man von scheyden wirt czucken sich von In beydenn
do sol man stercken den schadenn recht oben merckenn
vor vnd nach dye czwey ding prüff weißlich ler mit abspringen
volg alle treffen den starckenn wiltu sye effenn
wert er so zucke wert er io zu Im winck
ab er lang vichtet so bistu chunstlichen berichtet
greifft er auch sterck an das schiessen sigt Im an
mit deinem lindenn ort schuczt er sich triff ane vorcht
mit peyden henden czum augen ort lere brengen
des vorder fußes mit slegenn huten maßest etc
[99] 48. betender Geharnischter Ritter sanct Jörg nu won mir bey und mach mich aler sorgen frey :Amen:
[145] Gebet des Siegers Gotes dyener wil ich sein und maria der Jungfrawe rein. Sie haben behut daz leben mein.
Ringen
Yeczund hernach so hebt sich an dy maß czu allem Ringen dye stuck, dann gemacht hat Ott, der eyn tauffter Jud ist gewesen.
merck ein ler: In allenn ringen sullenn sein drew ding: das erst ist kunst, das ander Ist snellikayt, das dritt ist ist rechtew abgevng der sterck.
Quellen
- G. Hergsell, Prag 1889; 1893.
- Dierk Hagedorn, Ms. Chart. A558, 2009.