Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Cod. ms. 3227a (Hils 41.; Leng (2008) 38.1.4.), oder “Pols Fechtbuch”, datiert auf etwa 1400, enthält die früheste Bezeugung der Lehre Johannes Liechtenauers, mit ausführlichen Glossen, von Burkart ([i.D.] 2016) zu recht als “Autograph of an Erudite Martial Artist” bezeichnet.
Transkriptionen der Fechtlehre wurden gemacht von Grzegorz Żabiński (2001) und Dierk Hagedorn (2008) [DH].
Żabińskis Transkription (und darauf basierend die englische Übersetzung von David Lindholm (2005)) war von grosser Bedeutung in der HEMA-“Pionierzeit”, enthält aber zahlreiche Lesefehler. Hagedorns Transkription ist sehr nahe am Original, sie löst die Abbreviaturen nicht auf und verzichtet auf Gliederung des Textes.
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Inhalt
Vom Schreiber numerierte Seiten, jeweils verso, von 1–186.; dazu moderne Foliation in Bleistift, jeweils recto, von 1-169. (186=165v; es fehlen: 12, 15, 53, 67, 71, 85, 91-92, 95, 102, 140, 156, 161-163, 167, 170-171, 182, davon 67, 71, 95 deutlich herausgeschnittene Seiten; foll. 17 und 162 sind aus Pergament). Foll. 13-89 (16-98) waren als umfangreiches Fechtbuch angelegt, das v.a. im hinteren Teil unvollendet oder fragmentarisch geblieben ist. Leergebliebene Seiten des Fechtbuchs wurden z.T. später mit Einträgen zu anderen Themen gefüllt (und sieben leere aber bereits numerierte Seiten wurden offenbar zu anderer Verwendung entfernt).
Fechtbuch
13v-17v (16) Einleitung zum Fechtbuch (kunst des fechtens mit deme swerte czu fusse vnd czu rosse blos vnd yn harnüsche)
18r-40r (20) Liechtenauers blozfechten czu fusse
43r-48v (45) Andere Meister
52v zum Schulfechten
53r-60v (56) Liechtenauers Lehre zum Rossfechten
61v (65) Fragment über das Ringen
64r-65r (68) Zusammenfassung von Liechtenauers Lehre
74r (79) Fragment zum Kampf mit Schwert und Buckler
78r Fragment zum Kampf mit der Stange
82 Messerfechten
84r-85r Dolchkampf
86r-89r (95) Liechtenauers Ringen
1-13 technologische Rezepte
1r-5v ([1]) Marcus Graecus: Liber Ignium (über Feuerwerk)
5v magische Formeln, Deutsch und Lateinisch
6r Schwarzpulver (pulveres pixidum)
6v-10v Lateinische Rezepte (Farben, Alchimie, Magie)
11r-12r (11) Deutsche Anleitung zum Eisenhärten (Von dem herten. Nu spricht meister Alkaym…)
12v-13r (14) Lateinische alchimistische Rezepte
66-85: Einfügungen in leergelassene Seiten des Fechtbuches:
66v (72) Tabelle zu Elementen/Humores/Lebensaltern (Verfasser)
67r Kalenderverse (späte Hand)
67v (73) medizinische oder magische Rezepte (später Eintrag des Verfassers?)
68r lat. Rezepte/Namenmagie (späte Hand oder später Eintrag des Verfassers?)
68v-73v (74) astrologische, magische und medizinische Texte (Verfasser)
74v-77v Rezepte für Farbe, gegen Geschwüre, für die Behandlung von Metall und Elfenbein
79r-81v verschiedene lateinische Rezepte, Behandlung von Edelsteinen, Zubereitung eines Zaubertranks (später Eintrag durch den Verfasser?)
83v (90) Intervalltafel 1390-1495 (Verfasser)
85 magische Rezepte (späte Hand)
90v-165v Rezeptsammlung: medizinische Rezepte, alchemistische Rezepte, Kochrezepte, Scherzrezepte.
151-157: Planetenbuch
166r-169v Register zur Rezeptsammlung
Zur Handschrift
Diese Handschrift ist anonym und ist sperrigerweise einfach als “GNM 3227a” bekannt; früher hörte man auch “Codex Döbringer”, nach einem Missverständnis, das das auf fol. 43r am Rand notierte Hanko pfaffen döbringers als Verweis auf den Schreiber oder Besitzer auffasste (so noch Leng 2008); später hörte ich auch oft vom sogenannten / so-called Codex Döbringer reden, wenn der Sprecher einerseits das unhandliche “3227a” vermeiden und andererseits klarstellen will, dass ihm bewusst sei, dass die Benennung nach Döbringer auf einem Irrtum beruht. Da diese Handschrift das einzige wichtige in Nürnberg aufbewahrte Fechtbuch ist, könnte man sie auch einfach vom “Nürnberger Fechtbuch” nennen. Allerdings stammt sie offenkundig nicht aus Nürnberg oder Umgebung (sondern nach der Sprache zu schliessen aus dem Osten, Schlesien oder Obersachsen, oder allenfalls Thüringen; nach Nürnberg gebracht durch H. Aufseß). Der früheste bekannte Besitzer war Nicolaus Pol, Antiquar und Arzt der habsburgischen Kaiser von 1487 bis zu seinem Tod 1532. Pol war wohl(?) selber kein Fechter sondern einfach ein eifriger Sammler von Handschriften, dennoch könnte man vielleicht von “Pols Fechtbuch” reden.
Datierung
Zur Datierung: die Datierung “um 1400” ist aus Schrift, Sprache und Inhalt deutlich, aber keineswegs exakt: zwischen ca. 1390 und 1420 dürfte wohl alles drinliegen. Die genauere Datierung auf “1389” beruht auf der Intervalltafel auf fol. 83v, die die Anzahl Wochen zwischen Weihnachten und Beginn der Fastenzeit für die Jahre 1390 bis 1495 auflistet. Es ist plausibel, dass eine solche Intervalltafel für zukünftigen Gebrauch angelegt war (Ehlert&Leng 2003:291): “Da die Tafeln im allgemeinen der Berechnung künftiger Osterfeste dienten, ist davon auszugehen, dass sie im Lauf des Jahres 1389 angelegt wurde”), dann aber doch recht “weitsichtig” über die Lebenserwartung des Schreibers hinaus. Ziemlich eindeutig entstand der Text der Handschrift nicht in einem klar begrenzten Zeitraum, sondern über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte, mit späten Einträgen (von anderer Hand) aus dem mittleren oder späten 15. Jh. Die Intervalltafel wurde offenbar auf eine leergelassene Seite der Fechtlehre (zwischen dem Abschnitt zum Messer und dem zum Ringen) nachgetragen, so dass 1389 ein guter terminus ad quem für die Fechtlehre darstellt (später als die frühesten Einträge der Zettel, aber früher oder etwa gleichzeitig wie die Glosen und vereinzelte Nachträge und Korrekturen durch den Verfasser). Die lose Anordnung des Textes der Fechtlehre auf foll. 25-66 deutet darauf hin, dass zuerst die Verse Leichtenauers eingetragen wurden, mit Aussparungen für spätere Kommentare oder ev. sogar Illustrationen.
Ganz vorne in der Hs., oben auf fol. 1r, steht noch ein verblasstes Anno, leider ohne Jahreszahl.
Verfasser und Herkunft
Die auf fol. 43r notierten Namen stehen alle im Genitiv: Hie hebt sich an der ander meister gefechte: Hanko Pfaffen Döbringers, Andres Juden, Josts von der Nyssen, Niclas Prewssen.Im Nominativ: (der) Pfaffe Hanko Döbringer, Andres Jud (Andres der Jude), Jost von der Neisse(?), Niklaus Preuss (Niklaus der Preusse).
Der Name von der Nyssen scheint geographische Herkunft anzudeuten (der moderne Familienname Nyssen ist dagegen ein Patronymikon vom fries. PN Nys), am ehesten “von der (Lausitzer) Neisse”. Die ostmitteldeutsche (ev. obersächsische oder schlesische) Herkunft des Schreibers ist stimmig mit der Nennung eines Fechtmeisters aus Preussen, und ev. eines “von der Neisse”, also aus Gebieten, die erst im Verlauf des 13. Jh. von der deutschen Ostsiedlung erreicht wurden. Die relative Seltenheit des Vornamens Andreas hat auch zur Vermutung Anlass gegeben, Andres Jud sei identisch mit dem von Kal (1452) genannten Andre Liegniczer. So oder so suggeriert Kals Nennung von mindestens vier aus fünfzehn Mitgliedern der Gesellschaft Liechtenauers aus Schlesien — die Brüder Andre und Jacob aus Liegnitz (Legnica), Hans Glatz (Kłodzko) und Martin Hundsfelder (Psie Pole, Breslau) — diesen geographischen Kontext. Liechtenauer selber allerdings stammt evidenterweise nicht aus dieser Gegend, sondern aus einem der Stammesherzogtümer, Bayern (Lichtenau im Mühlkreis), Franken (Lichtenau bei Nürnberg) oder Sachsen (Lichtenau bei Paderborn oder Hessisch Lichtenau). Diese Herkunft der Tradition Liechtenauers im “wilden Osten” des HRR ist bemerkenswert v.a. in anbetracht ihrer späteren vorwiegenden Verbreitung im Süden (Franken und Schwaben).
Der Name Döbringer deutet auf einen slawischen Ortsnamen, ein Schloss und eine Herrschaft Döbring (Dobroniva) bestand bei Schemnitz (heute Slowakien), weiter gibt es ein Dobringen (Dobreng) in der Steiermark (heute Slowenien, vgl. Eckehart von Dobringen, um 1270 Gefolgsmann von Ottokar II. Hormayer 1840:503. Aus dem slowenischen Dobringen wird 1415 ein Friedrich Döbringer im Gefolge des Grafen von Cilli als Teilnehmer am Konzil in Konstanz genannt). Hanko kennen wir als niederdeutsche Koseform von Johannes, Förstemann verzeichnet allerdings einen Vornamen Hanco als seit dem 8. Jh. belegt. Mir ist unklar ob ein Hanko im 14. Jh. spezifisch als niederdeutscher Name aufzufassen ist.
Die Handschrift wurde klar über eine längere Zeit angelegt und blieb im persönlichen Gebrauch des Schreibers. Es ist im Einzelfall schwer zu sagen, ob Einträge von einer weiteren Hand stammen, oder von derselben Hand aber in einem späteren Lebensalter. Einige Einträge sind aber ganz klar von einem späteren Besitzer nachgetragen, in einer Hand des (späteren?) 15. Jh. und in hellerer Tinte. Von besonderem Interesse ist fol. 157v, wo ein später Eintrag (aber doch früher als die gelegentlichen Einträge in heller Tinte) von einem Hans Priecker (?) signiert wird. Oben auf dieser Seite hat der ursprüngliche Schreiber eine Tabelle der sieben Planeten (mit Wochentagen und Metallen) hinterlassen, darunter folgt der spätere, deutsche Eintrag eines Kräuterrezepts für Umschläge für Schwangere signiert von einem Hans Priecker (geschrieben wie Hans pnecker, ev. Hans P. Necker?).[ref]vgl. moderne Nachnamen Pricker, Necker, Pinecker.[/ref]Dieser Hans Priecker scheint also im mittleren 15. Jh. im Besitz der Hs. gewesen zu sein und an leeren Stellen einige eigene Einträge vorgenommen zu haben; von ihm ist die Hs. offenbar dann 1494 an Nicolaus Pol gelangt.
Orthographie und Transkription
Die Transkription macht keine Unterscheidung zwischen ausgeschriebenen und durch Abbreviaturen angedeuteten (e)n, (e)m, (e)r; ebenso wurde die Unterscheidung zwischen langem und rundem s (ſ vs. s) aufgegeben. Dagegen wurde eine Unterscheidung zwischen u und v zur leichteren Lesbarkeit eingeführt. Auch aufgelöst wurden gelegentliche Abbreviaturen wie mt für mit.
Besonders inkonsistent ist die Schreibung von Zischlauten s, ſ, z, ß. Das Wort Fuss kann als fus, fuz, fuß dastehen. Konsistent ist aber die Schreibung von anlautendem /ts/ als cz, oft als Ligatur, wie ein geschwänztes z () mit langem Aufstrich, im Inlaut auch tcz oder tz (dann oft kaum von cz zu trennen).
Umlaute werden mit hochgestelltem e markiert, dies aber schwankend (süchen neben suchen, stöcke neben stocke usw.; auffällig ist die häufige Schreibung von um als üm).
Als Interpunktion benutzt der Schreiber Kolon (Hochpunkt ·), Solidus (Schrägstrich /) und Alinea (Absatzzeichen ¶); diese sind manchmal sehr deutlich gesetzt, manchmal kaum angedeutet, so dass es im Einzelfall schwierig ist, sie konsistent wiederzugeben. Sie dienen meist der syntaktischen Gliederung, der Schrägstrich löst manchmal aber auch zwei etwas eng nebeneinander geschriebene Wörter voneinander. Ebenso kann die Unterscheidung zwischen einem doppelt oder dick geschriebenem Solidus und einem klein gehaltenen Absatzzeichen fliessend sein.
Da die Interpunktion in schwierigen Passagen für die syntaktische Interpretation des Textes wichtig sein kann, wurde versucht, sie so gut es geht wiederzugeben.
Absätze, Sätze oder Teilsätze sind oft auch mit roter Tinte markiert; in der Transkription wird rote Farbe aber nur eingesetzt, wenn die Schrift selber in roter Tinte gehalten ist (für Überschriften und Initialen). Grossschreibung steht oft am Satz- oder Versanfang, bei vielen Buchstaben ist aber im Allgemeinen die Unterscheidung von Gross- und Kleinschreibung kaum eindeutig bzw. fliessend.
Einfügungen des Schreibers sind in spitzen Klammern <…> gesetzt.
Die Schreibung von etc. mit Tironischem et (⁊) stellt meist wenig mehr dar als kalligraphisches Ornament (aber behält in einzelnen Fällen die Bedetung “usw.”; 20r, 53r); in der Transkription wiedergegeben als ⁊c.
Zur Fechtlehre
Anlage des Fechtbuches
Den Schwerpunkt des Fechtbuchs bildet Liechtenauers Blossfechten. Der Name Liechtenauers (lichtnawers) wird insgesamt 29 Mal genannt.
Das Fechtbuch war ursprünglich noch viel umfangreicher angelegt, aber die anderen Kapitel sind unvollendet geblieben und die ausgesparten Seiten wurden schliesslich vom Verfasser selbst für Notizen zu anderen Themen benutzt.
Der Verfasser schreibt eine Einleitung in eigenen Worten über die Kunst Liechtenauers (13v-17v), gefolgt von einer (eingefügten?) Pergamentseite (fol. 17) mit eigenen Versen über die Grundlagen der Kampfkunst. Dann folgt die Einleitung (gemeyne vorrede) und Zusammenfassung (gemeyne lere) aus Liechtenauers Zettel, gefolgt von einem ausführlichen Kommentar des Verfassers (glosa generalis, 18v-22v). Erst dann folgen die Verse zu den Hauptstücken, teilweise mit kürzeren Kommentaren (teilweise fehlen die Glossen auch ganz, obwohl Platz für sie frei gelassen wurde). Nach der Glosse zum Winden (40r) folgen fünf leere Seiten, bevor der Text zu der ander meister gefechte einsetzt.
Auch im Kapitel über “andere Meister” wurde viel Platz ausgespart, der ungenutzt geblieben ist. Erst auf der letzten für das Blossfechten vorgesehenen Seite (52v) steht noch ein Kommentar zum Schulfechten (sportlichen Wettkampf).
Die Seiten 53r-90v waren offenbar für eine ausführliche Behandlung anderer Waffen vorgesehen; noch viel mehr als im Teil zum Blossfechten blieb dieses Projekt unvollendet, und ein grosser Teil der unbenutzt gebliebenen Seiten wurde vom Verfasser später mit Notizen zu anderen Themen gefüllt.
53r, 55r, 57v-60v stehen die Verse zum Ross- und Harnischfechten. Sie sind gänzlich unkommentiert geblieben (bis auf vier eigene Verse des Verfassers 53v, die betonen, dass die Grundprinzipien des Fechtens auch hier zur Anwendung kommen).
Die Verse zum Ringen setzen 61v ein, brechen aber nach nur drei Versen ab; hier waren wohl bis zu 28 Seiten ausgespart (teilweise herausgeschnitten, teilweise anderweitig beschrieben). Die drei Verse sind aus Liechtenauers Kampffechten (Harnischfechten) entnommen, und sind nirgends sonst im Zusammenhang einer längeren “Ring-Zettel” belegt (spätere Hss. präsentieren Meister Ott Juden Ringlehre in Prosa).
74r folgt die Einleitung zum fechten mit dem schilde (pökeler) in Prosa, die aber mitten im ersten Satz abbricht. Für den Buckler waren sieben weitere Seiten ausgespart.
Die Einleitung zum fechten mit der stangen folgt 78r, mit vorgesehenem Umfang von neun Seiten.
Die Einleitung zum fechten mit dem langen messer steht 82r, vorgesehen für sieben Seiten, wovon immerhin eine (82v) für einen Kommentar genutzt wurde.
Für das fechten mit dem degen (Dolch) waren sechs Seiten vorgesehen, davon wurden immehin drei genutzt (84r-85r).
Während Blossfechten, Ross- und Harnischfechten sowie Ringen auf Liechtenauer zugeschriebenen Merkversen beruht (spätere Handschriften behalten die Zuordnung der Verse zum Blossfechten bei, aber Ross- und Harnischfechten und Ringen werden teilweise anderen Meistern zugeordnet),[ref]dazu Jaquet & Walczak, “Liegnitzer, Hundsfeld or Lew?” (2014).[/ref] stehen die Abschnitte zu Schild, langem Messer, Dolch und Stange ganz ohne solche Verse.
Auf den für das Ringen vorgesehenen Seiten wurde eine Zusammenfassung der Grundprinzipien von Liechtenauers Blossfechten nachgetragen (64r-65r, im wesentlichen eine Wiederholung des Kommentars von 18v-22v; daneben ein längerer alchimistischer oder magischer Text, 68v-73v).
Vielleicht weil nun der Raum für die vorgesehene Ringlehre verbaut war, oder weil die Verse zum Ringen noch nachgetragen werden sollten, hat der Verfasser 86r ein neues Kapitel zum Ringen in Prosa begonnen. Auch hier wurde nach einer Einleitung, die die Grundprinzipien in Erinnerung ruft, eineinhalb Seiten frei gelassen, bevor 87r-89r oben eine dicht gedrängte Zusammenfassung der Stücke zum Ringen einsetzt.
Es sieht für mich ganz so aus, dass diese Handschrift ein Zeugnis für die Entwicklung eines Fechters über längere Zeit sei: von einem jungen Fechter angelegt sollte die Hs. zunächst die Kunst enzyklopädisch darstellen; später verschob sich das Augenmerk des erfahreneren Fechters von der aufzählenden Behandlung von Stücken oder Techniken auf die allgemeinen Prinzipien einer Kampfkunst.
Prinzipien
Der Verfasser wird nicht müde zu betonen, dass die Grundlagen der Fechtkunst (benannt als fundament und principia, auch dy gruntfeste und der kern alles fechtens) auf alle Waffen oder Disziplinen anwendbar sind.
Die Herkunft oder Entwicklung der Kunst beschreibt er so (86r), dass die Grundlagen zunächst aus dem Ringen kommen, für das lange Messer adaptiert wurden, und schliesslich vom langen Messer auf das (lange) Schwert übertragen wurde.
Diese Grundlagen werden in den Kommentaren fast ermüdend wiederholt (die beste Zusammenfassung ist wohl die in des Verfassers eigenen Versen auf fol. 17). Sie fallen in drei Kategorien:
1. geometrisch (räumlich/zeitlich) zu Tempo und Dynamik: die “fünf Wörter”, “Vor, Nach, Schwach, Stark, Indes” bzw. “fühlen”. Dieses Prinzip stützt sich auf Liechtenauers Zettel, Vor; noch: dy czwey dink syn allen kunsten eyn orsprink / Swach unde sterke; Indes: das wort mete merke / […] Und prüff dy ferte, ab sye sint weich ader herte / Das fülen lere, Indes: das wort sneidet sere.
2. taktisch, zur Gewinnung der Offensive, “gewinne den Vorschlag und bleibe in motu“, “feier nicht”, “in einem Rausche ohne Unterlass”. Dazu hat die Zettel den Vers Haw dreyn und hort dar, rawsche hin, trif ader la varn. Die älteren Verse “anderer Meister” nennen das Prinzip “immer in Bewegung bleiben” auch, doch rate ich […] du mit nichte salt bleiben stan, wiltu nicht seyn eyn vorlorner man.
3. mental, “Kühnheit, Raschheit, Vorsichtigkeit, List und Klugheit”. Dazu hat Liechtenauer Irschrikstu gerne, keyn fechten nymmer lerne und Guter mut mit kraft macht eyns wedersache czagehaft […] Mit deynem öbermut bis sitik, das ist dir gut. Der Verfasser fügt in die Zettel noch die Verse: Kunheit und rischeit, vorsichtikeit list und klugheit / Vornunft verborgenheit, moße vorbetrachtunge fe[r]tikeit; diese fehlen allerdings in späteren Handschriften und sind wohl seine eigene Zugabe.
In den älteren Versen der “anderen Meister” steht noch, die Übung der Fechtkunst bringe gelenkheit list und klugheit (hier scheinbar weniger Voraussetzung für den guten Fechter als Nennung von körperlichem und mentalem Gewinn, den der Kampfsportler von seinem Training hat selbst wenn er seine Kunst nie zur Selbstverteidigung einsetzen muss).
Wiederholt wird auch betont, dass jede Offensive “auf das Näheste und Kürzeste” zu gehen habe (ausgeführt in der Einleitung zum Fechtbuch 13v), dies v.a. als Anleitung zur Vermeidung von Anfängerfehlern (nicht “zur Klinge fechten”, haw nicht zum swerte) und zur Abgrenzung von Schaufechtern (leychmeistere), die “weit herum Fechten” oder “sich strecken, als ob sie einen Hasen fangen wollten”, was “grausam zu sehen” sei (40v).
Andere Meister
Der Verfasser der Hs. setzt die Lehre anderer Meister (fol 43r ander meister gefechte / Hanko pfaffen döbringers / Andres Juden / Josts von der nyssen / Niclas prewssen) klar von Liechtenauer ab: Liechtenauers Lehre sei überlegen, und enthalte bereits alles, was es von diesen Meistern zu lehren gebe. Er füge nur ein paar Stücke an, die sich zum Schulfechten eignen. Das sind: Die eiserne Pforte (44v), die in den Versen im Widerspruch zur Geringschätzung des Verfassers als sogar gegen “vier oder sechs Bauern” einsetzbar gelobt wird. Darauf werden noch sieben Stücke genannt und in Prosa beschrieben, nämlich (47r) die “Natternzunge”, die “Krauthacke”, (47v) der “Werkmeister”, der “Pfauenschwanz” (pfobenczagel), (48r) der Sturzhau, “die drei Häue” sowie (48v) die Schrankhut. Davon werden nur Eisenpforte, Pfauenschwanz und Krauthacke auch in den Versen genannt.
Die Begriffe Eisenpforte, Schrankhut und Sturzhau tauchen bei späteren Meistern wieder auf, letzterer namentlich bei Leküchner im Messerfechten, während Liechtenauer selber auf der Position beharrt zu haben scheint, es gebe nur vier Huten und alles andere sei Firlefanz. Die “Natternzunge” scheint dem späteren “Einschiessen” zu entsprechen und der “Pfauenschwanz” dem “Rädlein”. Der Werkmeister ist ein Stich aus dem unteren Hängen nach einem Absetzen. Die “drei Häue” sind eine Kombination von zwei Unterhäuen und einem Scheitelhau.
Die einleitenden Verse enthalten Terminologie, die wir in Liechtenauers Versen wiederfinden. Aber in ihrem Charakter, in Metrum, Sprache und auch inhaltlich, unterscheiden sie sich von Liechtenauers Lehre. Ich halte es für möglich, dass es sich um eine Überlieferung handelt, die über Liechtenauer hinaus in das frühere 14. Jh. hinabreicht; insgesamt scheint Sprache und Vokabular noch deutlicher “mittelalterlich”, z.B. Verwendung von degen “Held” (während der Rest des Fechtbuchs nur den jung ritter nennt, und degen in der unverwandten Bedeutung “Dolch” kennt).
Die Verse beschreiben nicht einen ritterlichen Zweikampf, sondern geben eine Anleitung, wie man sich gegen einen Angriff mehrerer (“vier oder sechs”) Gegner wehren kann.
Die Verse werden mit drei guten Ratschlägen des Meisters eingeleitet. Erstens soll man mit “geringem Mut”, nämlich “witziglich und ohne Zorn” fechten, und “nach der Lehre”, also eine Ermahnung zur Aufmerksamkeit und gegen Tollkühnheit wie wir ihn auch bei Liechtenauer finden. Der zweite Rat ermahnt ähnlich, man solle sich nicht mutwillig mit “vier oder sechs” Gegnern anlegen. Der Spruch “Der ist genannt ein kühner Mann, der gegen einen Ebenbürtigen bestehen kann” (der ist genant eyn küner man / der synen gleich tar bestan) wird Freidank[ref]In Freidanks Bescheidenheit kommt der Vers nicht vor, aber es war üblich, Freidank ganz allgemein als Autorität für sprichwort-artige Weisheiten anzugeben. Der Vers ist auch durchaus im Stil Freidanks, vgl. etwa Swer sîn laster erkennen kan / und zorn, der ist ein wîser man (92:17).[/ref] zugeschrieben und findet sich auch in Liechtenauers Zettel wieder. Der dritte Rat ist die moralische Ermahnung, die Fechtkunst nicht unrechtmässig gegen einen “frommen Mann” einzusetzen, ein ethischer Anspruch der bei Liechtenauer fehlt. Man solle sich auch nicht zusehr auf das eigene Können verlassen, sondern sich “den obersten, gerechten Fechter” vor Augen halten, “dass er dich bei deiner Kunst behüte”:
- In allem gefechte zo rat ich dir
Vol Vorlas dich of dy kunst nocht czu ser
Und hab den obristen / gerechten fechter vor ogen /
das her dich / by dyner kunst icht pfloge
44v beginnt dann die Beschreibung des Gefechts gegen die “vier oder sechs vermessenen Bauern”. Die “eiserne Pforte” sei das “beste Gefecht”, mit dem Ort zur Erde, und daraus Häue und Stiche von allen Seiten von unten abnehmen. Dann solle man sie mit dem pfobenczagel treiben, und sie mit der krawthacken zwacken. Es folgt die Ermahnug, man müsse unbedingt in dauernder Bewegung bleiben, und sich immer den Gegner unmittelbar zur Linken vornehmen. Es wird nun aber auf den zweiten Rat der Vorrede Bezug genommen, nach der es eine Tollkühnheit sei, es ohne Not mit mehreren Gegnern aufzunehmen, und man solle die erste Gelegenheit zur Flucht ergreifen, mit der wiederholten Betonung, das sei keine Schande. Auf der Flucht soll man dann sein “Schwert quer werfen, hinten über dem Haupt”, und wenn einer die Verfolgung aufnimmt und den Fliehenden einholt und greifen will, soll dieser zur Seite springen, so dass der Häscher ins Leere greift und das Gleichgewicht verliert und “nach Wunsch niedergeschlagen” werden kann.
Liechtenauers Blossfechten (foll. 13–40)
Einleitung
[ref][13v] 16.[/ref]
HIe hebt sich an meister lichtenawers kunst des fechtens mit deme schwerte czu fusse und czu rosse / blos und yn harnüsche /
Und vor allen dingen und sachen / soltu merken und wissen / das nür eyne kunst ist des swertes / und dy mag vor manchen hundert jaren sein funden und irdocht / und dy ist eyn grunt und kern aller künsten des fechtens / und dy hat meister lichtnawer gancz vertik und gerecht gehabt und gekunst /
Nicht das her sy selber haben funden und irdocht als vor ist geschreben / Sonder her hat manche lant durchfaren und gesucht / durch der selben rechtvertigen und worhaftigen kunstn wille / das her dy io ervaren und wissen wolde[ref]wolde: DH welde[/ref] / Und dy selbe kunst ist ernst gancz und rechtvertik / und get of das aller neheste und kors körtczste slecht und gerade czu // Recht zam wen eyner eynen hawen ader stechen wolde / und das man im denne eynen vadenn ader snure an seinen ort ader sneyde des swertes bünde / und leytet / aber czöge den selben ort ader sneide off eines blössen [ref][14r][/ref] den her hawen ader stechen selde / noch dem aller nehesten / korczsten und endlichsten als man das nür dar brengen mochte //
Wen das selbe rechtvertige vechten / wil nicht hobisch und weidlich paryren[ref]hübesch hat im 14. Jh. noch ausschliesslich die Bedeutung “höfisch; fein, gesittet, raffiniert”; es wird hier abwertend gebraucht, 52v wie “unterhaltend, zum Spass” von Schulfechten, aber 36v, 44r und 86v wie “kunstvoll” (in 18v getilgt und durch fe[r]tikeit ersetzt).
paryr(e)n nur hier und im folgenden Abschnitt; vgl. paraten 44v.
lassen, vorzümen “versäumen”
leichen “hüpfen; spielen; betrügen”[/ref]/ und weitummefechten / mit deme sich lewte mochten lassen und vorzümen // Als man noch manche leychmeistere vindet dy do sprechen / das sy selber newe kunst vinden und irdenken und meynen das sich dy kunst des fechtens von tage czu tage besser und mere // Aber ich wölde gerne eynen sehn der do / möchte mir eyn gefechte / ader eynen haw / irdenken und tuen der / do nicht aus lichtnawers kunst gynge //
Nür das sy ofte eyn gefechte vorwandeln und vorkeren wöllen // mit deme / das sy im newe namen geben / iczlicher noch seyme hawpte / und das sy weitummefechten und paryrn irdenken / und oft vör eynen haw / czwene ader dreye tuen / nür durch wolstehens[ref]wolstehen: etwa “Prestige”[/ref] wille do von sy von den unvorstendigen gelobt wollen werden // mit dem höbschen paryrn und weitummefechten als sy sich veyntlich stellen / und weite und lange hewe dar brengen / lanksam und trege / mit deme sy sich gar sere vorhawen [ref][14v] 17.
zeümen “säumen”[/ref] und zeümen / und sich auch do mite vaste blos geben //
Wen sy keyne mosse[ref]mosse (moße, moze): mâze “richtig gemessene, gehörige Grösse, abgegrenzte Ausdehnung in Raum, Zeit, Gewicht, Kraft”.
schulfechten: vgl. 43v (durch übunge und schulfechtens wille) und 52v.[/ref] yn irem fechten nicht haben / und das gehört doch nicht zu ernstem fechten / zonder czu schulvechten durch ubunge und gebrawchunge wille mochte is wol eczwas gut seyn /
Aber ernste vechten wil risch slecht und gar gerade dar gehen / an alles lassen und zümenüss[ref]zümenüss “Säumnis”[/ref] / zam noch eyner snuren / ader zam iczlichs besunder gemessen und gewegen were / Wen sol eyner eynen slaen ader stechen / der do vor im stet zo hilft in io keyn slag ader stich vor sich un ader hindersich / ader neben sich / noch keynerley weitvechten / ader vil hewe / das mit eyme möchte enden / mit deme her sich zümet und last / das her dy schantcze[ref]schantcze “Chance”
io: DH ir
schirest “baldigst, nächst”
nür: DH mir
irreichen: DH in eichen
queme “hinkommt, erreicht”[/ref] vorsleft / Sonder her mus io / slecht und gleich czuhawen / czum manne / czu kop ader czu leibe / noch dem aller nehesten und schiresten als her in nür gehaben mag und irreichen vrisch und snelle und liber mit eyme slage wen mit viern ader sechen mit deme her sich möchte lassen / und das iener leichte(r)e queme denne her //
Wen der vorslag / eyn gros vorteil ist / of deme vechten / als du es als hernoch wirst horen yn dem texte / do meinet lichtnawer / nür fünff hewe / mit andern stöcken / dy do nütcze seyn czu er[n]stem[ref]
er[n]stem: ms. erstem[/ref] vechten / und leret dy noch [ref][15r][/ref] rechter kunst slecht und gerade dar brengen noch dem aller nehesten und schiresten / als <mag> is nür dar kommen // und lest alles trummel werk / und newfunden hewe underwegen von den leychmeistere / dy doch gruntlich aus syner kunst dar kommen /
¶ Auch merke das / und wisse[ref]”Wisse, dass man über das Fechten nicht ausdrücklich und verständlich reden, schreiben oder erklären kann, wie man es wohl vorzeigen und mit der Hand (hands-on) underweisen mag.” Zur hier angesprochenen Schwierigkeit der schriftlichen Unterweisung siehe Welle (2014:108): “Diese Auffassung steht […] in der Tradition der mittelalterlichen Rhetorik und ihren Ausführungen zur Gedächtniskunst (ars memorativa)”.
bas “mehr”
“Übung ist besser als Kunst, denn Übung taugt wohl ohne Kunst, aber Kunst taugt nicht ohne Übung”. [/ref] das man nicht gar eygentlich und bedewtlich von dem fechten mag sagen und schreiben ader aus legen / als man is wol mag / is wol mag czeigen und weisen mit der hant // Dorumme tu of dyne synnen und betrachte is deste bas / und ube dich dorynne deste mer yn schimpfe / zo gedenkstu ir deste bas in ernste / wen ubunge ist besser wenne kunst / denne ubunge gagw tawg wol ane kunst aber kunst tawg nicht wol ane übunge /
¶ Auch wisse das eyn guter fechter sol vör allen sachen syn swert gewisse und sicher füren und fassen / mit beiden henden / czwischen gehilcze und lac klos[ref]kloz (statt knopf) für “Schwertknauf” sonst erst im 15. Jh.[/ref] / wen alzo helt her das swert vil sicher / den das hers bey dem klosse vasset mit eyner hant / Und slet auch vil harter und sürer / alzo / wen der klos öber wirft sich und swenkt sich noch dem slage das der slag vil harter / dar kumpt / den das her das swert mit dem klosse vasset // Wen alzo / czöge her den slag / mit dem klosse weder / das her nicht zo volkömlich und zo stark möchte dar kommen // Wen das swert [ref][15v] 18.
“Denn das Schwert ist wie eine Waage: Ist ein Schwert gross und schwer, so muss der Kloss auch dementsprechend schwer sein, ganz wie bei einer Waage.” [/ref] ist recht zam eyn woge / den ist eyn swert gros und swer / zo mus der klos auch dornoch swer syn / recht zam noch eynen wogen
¶[ref]”Denn er soll ganz wie auf einer Waage stehen, und vorwärts oder rückwärts treten, wie es angebracht ist, passend und leicht, rasch und schnell, mit gutem Mut und Verstand oder Einsicht soll dein Fechten dargehen, und ohne jede Furcht.[/ref] Auch wisse wen eyner mit eyme ficht / zo sal her syner / schrete wol war nemen / und sicher in den seyn / wen her recht zam of eyner wogen stehen sal / hindersich / ader vorsich czu treten // noch deme als sichs gepürt / gefüge und gerinklich // risch und snelle / und gar mit gutem mute und guter gewissen ader vornunft sal deyn fechten dar gehen / und an alle vorchte / als man bas hernoch wirt hören /[ref]bas: DH das[/ref]
¶ Auch saltu mosse haben yn deyme gefechte dornoch als sichs gepürt / und salt nicht zu weit schreiten / das du dich desto bas eyns–/ andern schretes irholen magest / hinderdich / ader vordich czu tuen / noch deme als sich wörde gepuren / und das / Auch gepüren sich oft czwene korcze schrete vor eynem langen // und oft gepürt sich das eyner eyn lewftcheyn[ref]lewftcheyn “Läufchen”: DH lewftche[/ref] mus tuen / mit korczen schreten // und oft das eyner eynen guten schret ader sprunk mus tuen //
¶ Und was eyner redlichs wil treiben czu schimpfe / ader czu ernste / das sol her eyme vor den ogen / fremde und vorworren / machen / das iener nicht merkt was deser keyn im meynt czu treiben / [ref][16r]
hurten (ipv. hurt, hort) “stossend losrennen” (als ritterlicher Turnierausdruck aus afrz. hurter, seinerseits wohl aus afrk. *hūrt.”(Ramm-)Bock”).[/ref] Und als<bald> wen her denne czu im kumpt und dy moße also czu im hat das in dünkt her welle in im wol haben und irreichen / zo sal her kunlich czu im hurten und varen / snelle und risch / czu koppe ader czu leibe / her treffe ader vele / und sal io den vorslag gewynnen // und ienen mit nichte lassen czu(n) dingen komen / als du bas hernoch wirst hören yn der gemeynen lere ⁊c.
¶ Auch sal eyner allemal liber den öbern blößen remen[ref]remen “zielen auf”[/ref] / denne den undern / unde eyme ober deme gehilcze yn varen / mit hewen ader mit stichen // künlich und risch // Wen eyner irreicht eynen vil bas / und / verrer[ref]verrer “sehr, viel mehr”
rûr speziell als Fechterausdruck; DWB: “den erfolgreichen Hieb bezeichnend“, aber vgl. mhd. ruoren “das Schwert rühren”, diu scharphen swert si vuorten, alrêste sî ez manlîchen ruorten.[/ref] öber dem gehilcze / den dorunder / und eyner ist auch alzo vil sicher alles fechtens / und der obern rure eyne / ist vil besser denne der undern eyne // Is wer denne / das ist alzo queme / das eyner neher hette zu der undern das her der remen müste / als das ofte kumpt
¶ Auch wisse / das eyner sal io eyme of dy rechte seiten komen yn seyme gefechte / wen her eynen[ref]eynen: DH eym~
böze “gering, wertlos”[/ref] do yn allen sachen / des fechtens ader ringens / bas gehaben mag / denne gleich vorne czu // und wer dis stöcke wol weis / und wol dar brengt / der ist ist nicht eyn bözer fechter /
[ref][16v] 19.[/ref]¶ Auch wisse / wen eyner ernstlich wil fechten / der vasse im eyn vertik stöcke vör / wels her wil / das do gancz und gerecht sey / und neme im das ernstlich und stete in seynen syn und gemüte / wen her of eynen wil / recht zam her sölde sprechen · das meyne ich io czu treiben / und das sal und mus vorgank[ref]vorgang “Erfolg, successus“[/ref] haben in der hölfe gotes zo mag is im mit nichte velen / her tut was her sal / wen her kunlich dar hort und rawscht / mit dem vorslage / als man das hernach oft wirt horen /
Pergamentseite mit Versen (fol. 17)
[ref][17r] fol. 17 ist aus Pergament.[/ref]Czu allem fechten gehört dy hölfe gotes von rechte /
Gerader leip und gesunder / eyn gancz vertik swert pesunder /
Vor noch schwach sterke / yndes · das wort mete czu merken /
Hewe stiche snete drücken / leger schütczen stöße fülen czücken /
Winden und hengen / rücken striche sprönge greiffen rangen /
Rischeit und kunheit / vorsichtikeit list und klugheit /
Mosse vorborgenheit / vornunft vorbetrachtunge fetikeit /[ref]vorbe-trachtunge hypheniert über ein Loch im Pergament.[/ref]
Ubunge und guter mut / motus gelenkheit schrete gut /
In den seben[ref]seben: es gehen acht Verse voran.[/ref] versen da / sint dir fundament principia /
Und pertinencia / benumet und dy gancze materia /
Aller kunst des fechten / das saltu betrachten rechte /
Als du auch eigentlich / hernocher und sönderlich /
Wirst horen ader lesen / iczlichs noch seynem wezen
Fechter des nym war / zo wirt dir dy kunst bekant dy kunst gar /
Of dem ganczen swerte / und manch gut weidelich geverte /[ref]weid(e)lich “frisch, keck, tüchtig”, oben 14r abschätzig “schön; elegans, curiosus“.[/ref]
[ref][17v] 20.[/ref]MOtus · das worte schone / ist des fechtens eyn hort und krone /
Der gancze materia / des fechtens / mit aller pertinencia /
Und der artikeln gar / des fundamentes dy var /
Mit namen sint genant / und werden dir hernach bas bekant /
Wy denne eyner nur ficht / so sey her mit den wol bericht /
Und sey stetz in motu / und nicht veyer wen her nu /[ref]nu: DH nit
vîren “müssig sein”[/ref]
An hebt zu fechten / zo treibe her mit rechte /
Ummer und endlich [/] eyns noch dem andern künlich /
In eyme rawsche stete / an underlos inmediate /
Das iener nicht kome / czu slage des nympt deser frome /
Und iener schaden / wen her nicht ungeslagen /
Von desem kommen mag / tut nur deser noch dem rat /
Und noch der leren / dy itczunt ist geschreben /
So sag ich vorwar / sich schütczt iener nicht ane var /[ref]die letzten zwei Verse zitieren die Zettel[/ref]
Hastu vornomen / czu slage mag her mit nichte komen /
¶ Hie merke das / frequens motus / beslewst in im / begynüs / mittel und ende / alles fechtens / noch deser kunst und lere / alzo das eyner yn eyme rawsche / anhebunge / mittel unde endunge // an underlos und an hindernüs synes wedervechters volbrenge / und ienen mit nichte lasse czu slage komen / Wen of das gent dy czwey wörter / vor / noch / das ist vorslag und nochslag / in mete in und hö / quasi dum prius [?ubiquam sine a-rquo meo.]
Vorrede
[ref][18r][/ref]Das ist eyne gemeyne vorrede des blozfechtens czu fusse / Das merke wol
JUng Ritter lere / got lip haben frawen io ere //
So wechst dein ere / übe ritterschaft · und lere //
Kunst · dy dich czyret · und in krigen sere hofiret //
Ringens gut fesser · glefney sper swert unde messer /[ref]fesser wohl zu fassen (vgl. Ringeck 66v Gib Im zu fessen)[/ref]
Menlich bederben / unde in andern henden vorterben //
Haw dreyn und hort dar / rawsche hin trif ader la varn //
Das in dy weisen · hassen dy man siet preisen /
Dor auf dich zoße · alle ding haben limpf <lenge> unde moße //
Und was du he wilt treiben · by guter vornunft saltu bleiben //
Czu ernst ader czu schimpf · habe frölichen mut mit limpf //
So magstu achten · und mit gutem mute betrachten //
Was du salt füren · und keyn im dich rüren //
Wen guter mut mit kraft · macht eyns wedersache czagehaft //
Dornoch dich richte · gib keynem forteil mit ichte //
Tumkunheit meide · vier ader sechs nicht vortreibe //
Mit deynem öbermut · bis sitik das ist dir gut //
Der ist eyn küner man · der synen gleichen tar bestan //
Is ist nicht schande · vier ader sechze flien von hande /
ver…eyn…….h..ffen ……z……ver….las…….. f…..yn .rat // [ref]Ein durchgestrichener unleserlicher Vers steht am Ende der Seite.[/ref]
Allgemeine Lehre
[ref][18v] 21.[/ref]
Das ist eyne gemeyne lere des swertes
Wiltu kunst schawen · sich link gen und recht mete hawen /
Und link mit rechten · is das du stark gerest fechten /
Wer noch get hewen · der darf sich kunst kleyne frewen /
Haw nu was du wilt · keyn wechsler kawm an dich schild /
<Haw nicht an swerte / zonder stets der bloße wärte / >[ref]am oberen Seitenrand mit Einfügezeichen +[/ref]
Czu koppe czu leibe · dy czecken do nicht vormeide /
Mit ganczem leibe · ficht was du stark gerest treiben /
Hör was do slecht ist / ficht nicht oben link zo du recht pist /
Und ob du link pist · ym rechten <auch> sere hinkest /
So vicht io liber · von oben recht <link>ischen nider /
¶ Vor · noch · dy czwey dink · syn allen kunsten eyn orsprink /
Swach · unde · sterke · Indes · das wort mete merke /
So machstu lernen mit / und erb / kunst und erbeit dich weren /
Irschrikstu gerne / keyn fechten nymmer lerne /
Kunheit und rischeit / vorsichtikeit list und klugheit /
<Vornunft verborgenheit / moße w vorbetrachtunge / hobsheit <fetikeit>[ref]eine Zeile am unteren Seitenrand mit Einfügezeichen +
hobsheit wurde getilgt und durch fe[r]tikeit ersetzt; zur Ambivalenz von hob(i)sch s. Anmerkung zu 14r.[/ref]
Wil fechten haben und / frölichs gemüte tragen //
Kommentar zu den Grundlagen
¶ Glosa generalis huius sequitur
¶ Von allerersten merke und wisse / das der ort des swertes ist das czentrum und das mittel [ref]eine fast wörtliche Entsprechung zu I.33 1v: Nota quod totus nucleus artis dimicatorie consistit in illa ultima custodia que nuncupatur langort pretera omnes actus custodiarum sive gladii determinantur in ea [/ref] und der kern des swertes aus deme alle gefechte gen / und weder yn in komen / So sint dy hengen / und dy winden synt dy anhenge und dy umlewfe des czentrums und des kerns [ref][19r][/ref] aus den auch gar vil guter stöcke des fechtens komen // Und sint dorum funden und irdocht / das eyn fechter / der da gleich czum orte czu hewt ader sticht nicht wol allemal treffen mak / das der mite den selben stöcken hawende stechende ader sneydende / mit abe / und czutreten / und mit ummeschreiten ader springen eynen treffen mag / Und ab eyner syn ort des swertes / mit schißen ader mit voltreten / vorlewst ader vorlengt / zo mag her in mit winden ader abetreten / weder / irlengen und / ynbrengen und körczen / alzo das her weder yn gewisse stöcke und gesetze kümpt des fechtens / aus den her · hewe stiche ader snete brengen mag / Wen noch lychtnawrs kunst / zo komen aus allen gefechten und gesetze des s der kunst des swertes / hewe stiche und snete / als man wirt hernoch hören / wy eyn stöcke und gesetze aus dem andern kumpt / und wy sich eyns aus dem andern macht / ab eyns wirt geweret / das · daz ander treffe und vorgank habe
¶ Czu dem andern mal merke und wisse / daz keyn dink an dem swerte / umme züst funden und irdocht ist / zunder eyn fechter / den ort / beide sneiden · gehilcze · klos / und als das am swerte ist / nütczen sal / noch dem [ref][19v] 22.[/ref] als iczlieichs syn sönderleichs gesetze hat yn der kunst des fechtens / noch dem als dy übunge hat und findert[ref]ms. findert[/ref] / als du itzlichs besunder hernoch wirst sehen und hören /
¶ Auch merke und wisse / mit deme als her spricht · wiltu kunst schawen ⁊c / meynt her / das eyn kunstlicher fechter der sal den linken fuz · vor · seczen / und von der rechten seiten mete hawen / gleich zum manne / mit drewe hewen / zo lang bis das her siet wo her ienen wol gehaben mag / und wol dirreichen mit seinen schreten
Und meynt / wen eyner stark wil fechten zo sal her von der linken seiten of fechten / mit ganczem leibe und mit ganczer kraft / czu koppe und czu leibe wo her nur treffen mag / und nummer zu key[n] swerte / zunder her sal tuen / zam iener keyn swert habe / aber zam hers nicht sehe / und sal keyne czecken ader ruren nicht vormeiden / zonder ummermer in erbeit und in berürungen seyn / das iener nicht czu slage mag komen ¶
¶ Auch meynt her das / eyner den hewen nicht gleich sal noch gehen und treten · zonder etwas beseites / und krummes umme / das her ieme an dy seite kome / do her in bas / mit allerleye gehaben mag / denne vorne czu / Was <her> denne nür of ienen hewt ader sticht das mag im iener mit keynerleye durchwechsel ader andern gefechten / gek / wol weren ader abeleiten / nür das dy hewe ader stiche gleich czum manne czu gehen · key[n] den blößen / czu koppe ader czu leibe mit ummeschriten und treten /
[ref][20r][/ref]¶ Auch merke und wisse / mit deme als her spricht / vor noch · dy zwey dink · ⁊c / do / nent her <dy> fünff wörter / vor · noch · swach · stark · Indes · / an den selben wörtern / leit alle kunst / meister lichtnawers / und sint dy gruntfeste und der <kern> alles fechtens · czu fusse ader czu rosse / blos ader in harnüsche // Mit deme worte · vor · / meynt her das eyn itzlicher guter fechter / sal allemal den vorslag haben und gewinnen /<her treffe ader vele / als lichnawer spricht haw dreyn und hurt dar / rawsche hin trif ader la var>/[ref]am oberen Seitenrand mit Einfügezeichen +[/ref] Wenne her czu eyme gehet ader lewft als balde als <her> nur siet / das her in mit eynem schrete / ader mit eynem sprunge dirreichen mag / wo her dene indert in blos siet / do sal her hin varn / mit frewden / czu koppe ader czu leibe / künlich an alle vorchte wo her in am gewisten gehaben mag / alzo das her ia den vorslag gewinne / is tu ieme wol ader we / und sal auch mit dem / in synen schreten gewisse sein / und sal dy haben recht zam gemessen / das her nicht zu korcz ader czu lank schreite / Wen her nü den vorslag / tuet / trift her / zo volge her dem treffen vaste noch · weret her <iener> aber den vorslag alzo das her im den vorslag / is sy haw · ader stich · mit syme swerte / abeweiset und leitet / Dy weile her denne ieme noch / an syme swerte ist / mit deme als her wirt abegeweist / von der blößen / der her geremet / hat / zo sal her gar eben fülen und merken [ref][20v] 23.[/ref] ab iener in syme abeleiten und schüzen der hewe ader stiche / an syme swerte weich ader herte / swach ader stark sey / Ist denne das her nü wol fület / wy iener in syme geferte ist / Is das iener stark und herte ist / Indes / das hers nü genczlich merkt und fület / zo sal her ader Indes ader under dez das sich iener zo schützt / weich und swach dirweder syn / und in dem selben e den / das iener czu keyme slage kome / so sal her denne den nochslag tuen / das ist / das her czu haut / dy weile sich iener schützt und sich des vorslags weret / is sy haw ader stich zo sal her ander gefechte und stöcke hervör süchen / mit den her aber czu synen blößen hurt und rawschet / alzo das her ummermer in bewegunge und in berürunge sy / das her ienen als irre / und betawbet[ref]betawbet: DH berawbet[/ref] mache / das iener mit syme schützen und weren / alzo vil czu schaffen habe / das her / der schützer / czu syner slege / keyne komen mag / Wen eyner der sich sal schuetzen / und der slege warnemen der ist alle mal in grösser var denne der / der da slet of in / denne her mus ia dy slege weren / ader mus sich laen treffen / daz her selber mülich / czu slage mag komen / Dorum spricht lichtnawer / Ich sage vor ware · sich schutzt keyn man ane vare / Hastu vornomen · czu slage mag her kleyne komen / Tustu anders noch den fünff wörtern / of dy dese rede gar get / und alles fechten
Dorum slet oft eyn bawer eyn meister wen her küne ist und den vorslag gewinet / noch deser lere /
[ref][21r][/ref] Wenne mit dem worte · vor · als e gesprochen ist / meynt her das eyner mit eyme guten vorslage ader mit dem ersten slage / sal eyner künlich an alle vorchte dar hurten und rawschen / key[n] den blössen · czu koppe ader czu leibe / her treffe ader vele / das her ienen czu hant als betewbet / mache und in irschrecke das her nicht weis was her keyn desen solle weder tuen / Und auch e dene sich iener weder keyns irhole / ader weder czu im selber kome / das her denne czu hant den nochslag tue / Und nu io zo vil schaffe / czu weren und czu schützen / das her nicht möge czu slage komen / denne wen deser den ersten slag / ader den vorslag tuet / und in iener denne weret / in dem selben weren und schutzen / zo kumpt deser denne alle mal e czu dem nochslage den iener czu dem ersten den her mag czu hant czu varn mit dem klosse / ader mag in dy twer hewe komen / dy czu male gut syn / ader mag sost das swert dy twer vor werfen / do mite her in ander gefechte kumpt / ader sost mancherleye mag her wol beginnen / e denne iener czu slage kumpt / als du wirst horen wy sich eyns aus den andern macht / das iener nicht mag von im komen ungeslagen / tut her anders noch deser lere <Wenne her sal mit eyme gedanken / und zam mit eyme slage / ab is möglich were / den vorslag und nochslag tuen / risch und snelle noch eynand>[ref]am unteren Seitenrand mit Einfügezeichen +[/ref]
Auch möchte is wol dar czu komen ab iener den vorslag weret so müste her in weren mit dem swerte / und alzo müste her desen io an syn swert komen / Und wen denne iener etzwas trege und las were zo möchte deser denne an dem swerte bleyben und sal denne zu hant winden / und sol gar eben merken und fülen / ab sich iener wil abeczihen von dem swerte / ader nicht //
Czewt sich iener ab / als sy nü vor mit eynander an dy swert sint komen / und dy orter keyn eynander recken / czu den blössen / E denne sich / denne iener keyns haws ader stichs of eyn news weder [ref][21v] 24.[/ref] irholen mag mit syme abeczihen zo hat im deser czu hant mit syme orte noch gevolget / mit eynem guten stiche czu der brost / ader söst vorne czu wo her in am schiresten und nehesten getreffen mag / alzo das im iener mit nichte ane schaden von dem swerte mag komen / Wen deser hat io czu hant mit syme nochvolgen / neher czu ieme / mit dem als her synen ort / vor / an dem swerte gestalt hat keyn ieme noch dem aller nehesten und körczsten / wen das iener mit syme abeczihen / of / eyn news solde hewe ader stiche / weit umme / dar brengen / alzo mag io deser alle mal · e czu dem nochslage ader stiche komen / e denne iener czu dem ersten //
Und das meynt lichtnawer mit dem worte / noch / wen eyner im den vorslag hat getan / zo sal her czu hant an underloz / of der selben vart den nochslag tuen / Und sal ummermer in bewegunge / und in rürunge syn / und ummermer eyns noch dem andern treiben / ab ym das erste vele / das daz ander das dritte ader daz vierde treffe / und io ienen nicht lasse czu k[e]yme slage komen / Wen keynen / mag grosser vorteil of fechten haben / den der noch der lere / deser fünff / wörter tuet
¶ Ist aber das iener an dem swerte bleybt / mit dem als her mit syme weren und schutzen disem an syn swert ist komen / und is sich also vorczogen hat das deser mit im an dem swerte ist bleben / und noch nicht den nochslag hat getan / zo sal deser winden / of und mit im alzo an dem swerte stehen / und sal gar eben merken und fülen / ab ien[er] swach ader stark ist an dem swerte /
¶ Ist denne das deser merkt und fület / das iener stark herte und veste an dem swerte ist / und desen nü meynt syn swert hin dringen / zo sal deser denne swach · und weich · dirweder syn / und sal syne sterke weiche und stat geben / und sal im syn swert / hin lassen prelen und wer varn / mit sym dringen daz her tuet / und deser sal denne syn swert snelle [ref][22r][/ref] lassen abegleiten / und abeczihen / balde und risch und sal snelle dar varn keyn synen blossen / czu koppe ader czu leibe wo mit hewen stichen und sneten / wo her nür am nehesten und schiresten mag czu komen / Wen e ha[r]ter und e sürer iener dringt und druckt mit syme swert / und deser denne swach und weich dirweder ist / und syn swert lest abegleiten / und im alzo weicht / · e · verrer und · e · weiter denne ieme syn swert wek prelt das her denne gar blos wirt / und das in denne deser noch wonsche mag treffen und rüren / · e · denne her sich selber / keyns haws ader stichs irholen mag /
¶ Ist aber iener an dem swerte swach und weich alzo das is deser nü wol merkt und fület / zo sal deser denne stark und herte dirweder syn / an dem swerte / und sal denne mit syme orte sterklichen an dem swerte hin varn und rawschen keyn iens blossen · gleich vorne czu / wo her am nehesten mag / recht zam im eyn snure ader vaden / vorne an synen ort were gebunden / der im synen ort of das neheste / weizet czu ienes blossen / und mit dem selben stechen das deser tuet / Wirt her wol gewar ab iener zo swach ist / daz her im syn swert lest alzo hin dringen und sich lest treffen · Ist aber ab her stark ist und den stich weret und abeleitet / Is das her stark wirt weder an dem swerte / und desem syn swert abeweiset und den stich weret / also das her desen syn swert vaste hin dringt / zo sal deser aber swach und weich dirweder werden / und sal syn swert lassen abegleiten / und im weichen / und syne blossen rischlichen süchen / mit hewen stichen ader mit sneten / wy her nür mag / Und das meynt lichtnawer / mit desen wörter · weich und herte Und das get of dy auctoritas [ref][22v] 25.[/ref] / als aristotyles spricht in libro peryarmenias · [ref]Περὶ Ἑρμηνείας = De interpretatione.
“Gegensätze treten klarer hervor, wenn sie nebeneinender stehen, oder Gegensätze lieben sich”; opposita iuxta se posita magis elucescunt [De coelo II, griech.: τὸ πρόσθιον καὶ τὸ ἀντικείμενον, καὶ τὸ δεξιὸν καὶ τὸ ἀριστερόν] steht in den Auctoritates Aristotelis (c. 1300, ed. Hamesse 1974, Nr. 60, die lat. Übersetzung Th. Aquinas zugeschrieben) und wird im späten Mittelalter gerne zitiert, z.B. von Meister Eckhart.[/ref] Opposita iuxta se posita magis elucescunt / vel / opposita oppositis amantur / Swach weder stark / herte weder weich / et equatur / Denne solde stark weder stark syn / go gesigt allemal der sterker / dorum get lichtnawer fechten noch rechter und worhaftiger kunst dar / das eyn swacher mit syner kunst und list / als schire gesigt / mit /als eyn starker mit syner sterke / worum were anders kunst //
Dorüm fechter lere wol fülen / als lichtnawer spricht / das fülen lere / Indeß das wort / sneidet sere / den wen du eyme am swerte bist und fülest nü wol ab iener swach ader stark am swerte ist / Indes ader dy weile so magstu denne wol trachten und wissen was du salt keyn im tuen / noch deser vorgesprochen lere / und kunst / Wen her mag sich io mit nichte abe czihen vom swerte ane schade / den lichtnawer spricht / slach das her snabe / wer sich vör dir czewt abe //
Tu noch deser lere zo vestestu wol alzo das du io den vorslag habest und gewinest / und als balde / als du den tuest / zo tu denne dornoch in eyme rawsche / inmediate an underloz den nochslag / das ist den andern / den dritten / ader den vierden slag / haw aber stich / das io iener nicht czu slage kome / kömstu den mit im an das swert / zo bis sicher an dem fülen / und tu als vor geschreben ist / Wen dis ist der grunt des fechtens das eyn man ummermer in motu ist / und nicht veyert und kömpt is denne an das fulen / zo tu / ut supra ?prestat /
Und was du treibest und beginest / zo habe io moße und limpf / als ab du im den vorslag / gewinnest / zo tu in nicht zo gehelich und zo swinde / das du nicht nich <dich> denne mogst irholen des nochslags / Dorum spricht lichtnawer / Dor off dich zosse / alle dink haben limpf und moße / und daz selbe vornym och von den schreten / und von allen andern stöcke und gesetze des fechtens ⁊c
Hauptstücke: Zettel mit Glossen
[ref][23r][/ref]Das ist der / text / in deme her nennet
dy fümff / hewe und andere stöcke des fechtens
FÜnf hewe lere · von der rechten hant were dy were //
Cornhaw · krump · twere · hat schiler mit scheitlere //
Alber vorsatzt · nochreist · überlawft hewe letzt //
Durchwechselt · zukt · durchlawft abesneit · hende drukt //
Henge · wind · mit blößen / slag vach · strich · stich mit stößen //
Das ist von deme Czornhawe / ⁊c⁊c
DEr dir oberhawet / czornhaw ort deme drewet //
wirt her is gewar / nym is oben ab / ane vaer //
Pis sterker / weder wint / stich //
siet her is / nym is neder //
Das eben merke · hewe stiche leger weich ader herte //
Indes und vor noch · ane hurt deme krige sey nicht goch //[ref]goch “jäh”, diese Schreibung auch 44rv (zur eisernen Pforte), dagegen 36r gee, 65r gehe.[/ref]
Wes der krig remet · oben / neden wirt her beschemet //
In allen winden / hewe · stiche · snete · lere finden //
Auch saltu mete · prüfen hewe stiche ader snete //
In allen treffen · den meistern wiltu sie effen //
Haw nicht czum swerte / zonder stets der blößen warte //
Czu koppe czu leibe · wiltu an schaden bleyben /
Du trefts ader ader velest · zo trachte das du der blossen remest /
<In aller lere / den ort keyn den blößen kere /[ref]Drei Verse am unteren und zwei am rechten Seitenrand eingefügt, davon der letzte durch Beschneidung des Seitenrandes verstümmelt wurde (DH: [?] ader iagens [?] begynnen)[/ref]
Wer weit umme hewet / dy wirt oft sere bescheme[t]
Of das aller neste / brenge hewe stiche dar gew[isse]
Und solt auch io schreiten / eyme czu der rechten seiten //
[…………………………………………….oder …ens begynnen]>
¶ Glosa ¶ Hie merke und wisse das lichtenawer / eyn öberhaw slecht von der achsel / heisset der czornhaw / den eyn wen eym itzlichem in syme gryme und czorne [ref][23v] 26.[/ref] zo ist im keyn haw als bereit / als der selbe oberhaw slecht von der achsel / czum mane /
Dorüm meynt lichtnawer / wen dir eyner czu hewt / mit eynen obrihaw / so saltu du keyn im weder hawen den zornhaw alzo das dir mit dyme ort vaste keyn im schisset / wert her dir dyn ort zo czewch balde oben ab / und var czu der andern syten dar / syns swerts / wert her dir daz aber zo bis harte umb stark im swerte / und wind / und stich balde und kunlich / wert her dir den stich / zo smeis und haw balde unden czu / wo du trifft / czu beynen / alzo das du ummermer eyns noch dem andern treibest / das iener nicht czu slage kome /
Und dy vorgesprochen wörter / vor / noch / Indeß / swach / stark / und hewe / stiche und snete / der saltu czu male wol gedenken / und mit nichte vorgessen in deme gefechte //
Auch saltu nicht sere eylen mit deme krige / den ab dir eyns velet oben / des du remest / so triffestu unden als du wirst hoeren wy sich eyns aus dem andern macht / noch rechtvertiger kunst / besunder hewe stiche snete / Und salt nicht czu eyns swerte hawen / zonder czu im selber / czu koppe und czu leibe / wo eyner mag ⁊c
Auch mag man vornemen das der erste verse mochte alzo stehen / wem du oeberhewest czornhaw / deme drewt der ort des czornhaws ⁊c
Nür tu noch deser lere / und bis ummermer in motu / du treffest ader nicht / daz iener nicht czu slage kome und schret io wol besytz aus / mit den hewen
[ref]Ab Auch wisse… (letzte drei Zeilen der Seite) und Folgeseite: späterer Eintrag in dunklerer Tinte und in anderem Duktus (derselben Hand)[/ref]Auch wisse das nur czwene hewe seyn aus den alle <ander> hewe wy dy komen wy dy ummer genant mögen werden / das [24r] das ist der öberhaw / und der underhaw / von beiden seiten / dy sint dy hawpt hewe und grunt aller ander hewe / wy wol dy selben ursachlich und gruntlich / auch komen aus dem orte des swertes / der do ist der kern und das czentrum aller andern stocke / als das wol vor ist geschreben [ref]fünf Zeilen am unteren Seitenrand, Einfügezeichen #[/ref]
<Und aus den selben hewen komen dy vier vorsetczen von beiden seiten / mit den man alle hewe und stiche ader leger sletzt und bricht / und aus den man auch yn dy vier hengen kumpt / aus den man wol kunst treiben mag / als man hernoch wirt horen> Und wy eyn man nur ficht / zo sal io allemal den ort keyn eyns gesichte ader brust keren / zo mus sich iener alleczeit besorgen das her icht e kome wen her / wen her io neher czu im hat wen iener /
Und ab is alzo queme / das iener den vorslag gewinne / zo sal deser sicher und gewis / und snelle seyn mit dem wenden / und als bald als her im gewendet hat / zo sal her czu hant czuvaren rich risch und balde / und syn ort sal allemal iens brust begeren und sich keyn der keren und stellen / als du hernoch wirst bas horen / Und der ort / als bald her eyme an das swert kumpt / mit dem swerte / der sal allemal kawme üm eyne halbe ele verre / von iens brust ader gesichte seyn / und des gar wol war nemen ab her yndert dar komen möchte / und io of das neste / und nicht weit üm / das iener icht e queme wen deser / ab sich deser icht lassen und zümen wuerde / und czu trege wer / ader czu weit wolde dar komen und czu verre üm /
[ref][24v leer] 27.[/ref]
[ref][25r][/ref]Das ist von den vier blössen · ⁊c
VIer blößen wisse · remen zo slestu gewisse //
an alle var · an zweifel wy her gebar //
¶ Glosa ¶ Hie merke / daz lichtnawer der teilt eyn menschen yn vier teil / recht zam das her eym von der scheitel / eyn strich vorne gleich neder machte an sym leybe / bis her neder zwischen syne beyne / und den andern strich by der görtel dy czwere öber den / leib / zo werden vier vierteil eyn rechtes und eyn links öber der görtel / und alzo auch under der gortel / das sint dy vier bloßen der hat itzlichs syn sonder gefechte // der reme und nummer keyns swertes / zonder der bloßen
Von den vier blössen wy man dy bricht
WIltu dich rechen · vier blössen künstlichen brechen //
Oben duplire · do neden rechten mutire // [ref]mutiren und dupliren sind als (spät)-mhd. Lehnwörter nur in genau diesem Zusammenhang belegt (mutiren bei Scherz (1784:1091)); als adj. ersetzt mitteld. doppel, duppel mhd. dublîn, das Verb doppeln erst im 15 Jh., und das gelehrtere dupliren wird erst im 16. Jh geläufig (Luther).[/ref]
Ich sage vorware · sich schötzt keyn man <ane> vare //
Hastu vornomen · czu slage mag her kleyne komen ·
[ref][25v] 28.[/ref]Das ist von deme krumphawe / ⁊c
KRump auf / behende · wirf deynen ort auf dy hende //
Krump wer wol setczet · mit schreten vil hewe letczet /
Haw krump czu flechen · den meistern wiltu sie swechen //
Wen is klitzt oben · stant abe das wil ich loben //
Krump nicht kurcz hawe · durchwechsel do mete schawe //
Krump wer dich irret · der edele krig den vor virret //
Das her nicht vorwar · weis wo her sye ane var
¶ Glosa ¶ Hie merke und wisse das der krumphaw ist eyn oberhaw der do mit eyme guten ausschrete / krummes dar get / zam noch eyner seiten / Dorüm meynt lichtnawer der den selben haw wol wil furen / der sal wol beseicz aus schreiten czu der rechten hant / danne her den haw brengt / und sol synen ort / werfen / ader schißen / ieme aber syn gehilcze of dy hende / Und sal czu ienes [ref]”Und soll zu jenes Flächen hauen, wenn er denn trifft die Flächen …” → “Und soll mit seinen Flächen hauen, wenn er denn trifft jenes Schwert …”. Nachträge mit synen über der Zeile, [i]enes [swert] am linken Seitenrand.[/ref] <mit synen> flechen hawen / wen her denne trift / dy flechen <[i]enes [s]wert> zo sal her stark dor of bleiben / und vaste drucken / und sal sehen / was her denne am endlichsten und geradsten / dar brengen mag // mit hewen stichen ader sneten / und sal mit nichte czu korcz hawen / und sal des durchwechsels nicht vorgessen / ab sichs gepürt /
[ref][26r leer] [/ref]
[ref][26v] 29.
Notiz zur Umstellung der Absätze auf der Folgeseite, markiert mit manicula (☞)[/ref]☞ ¶ Eyn / haw / heist der veller / und kumpt aus dem krumphaw und der stet geschreben nach deme twerhawe / do dy hant ist geschreben / und der sal vör deme twerhawe sten / und der get von unden dar krumes und schiks / eyme ober deme gehilcze yn / mit ort schissen recht zam der krumphaw von oben neder /
[ref][27r] Die Verse zum Veller vor die Verse zum Twerhau gerückt mit Einfügezeichen # gemäss der Note auf 26v [/ref]☞ ¶ Veller wer füret von · unden noch wonch wonsche her rüret //
Vorkerer twinget · durchlawfer auch mete ringet //
Den ellenbogen · gewis nym · sprink yn den wogen //
Veller zwefache · trift man den snet mete mache //
Czwefaches vorpas · schreit yn · link · und weze nicht las //
Wen alles vechten · wil rischheit haben von rechte //
Dorczu auch kunheit · vorsichtikeit list unde klugheit //
Das ist von deme Twerehawe ⁊c
Twere benymmet · was von dem tage dar kümmet //
Twere mit der sterke · deyn arbeit do mete merke //
Twere czu dem pfluge · czu den ochsen herte gefuge //
Was sich wol tweret · mit sprüngen dem <hew> geferet /¶
[ref][27v] 30.[/ref]¶ Glosa / Hie merke und wisse / das of dem ganczen / swerte / keyn haw / als redlich · zo heftik · zo vertik · und zo gut ist als der twerhaw / Und der get dar / zam dy twer / czu beyden seiten · mit beiden sneiden / der hindern und der vördern / czu allen blossen / unden unde oben / Und alles das von dem tage dar kumpt / das sint dy öbern hewe / oder was söst von oben neder gehet / das bricht und / weret eyner / mit den twer hewen / der dy wol kann dar brengen / ader das swert wol vörwirft / dy twer vor das hawpt / czu weler seiten her wil / recht zam her in dy obern hengen ader winden wolle kommen / Nür das eyner in den twerhewen / dy flechen des swertes / eyne oben ader of / dy ander unden ader neder kert / und dy sneiden / czu den syten / dy twer / eyne / czy der rechten / und eyne czu der linken / seiten / Und mit den selben twerhewen / ist gar gut eyme an das swert czu komen / und wen den eyner eyme an das swert kumpt / wy das nür dar komen ist / zo mag iener mülich von im komen / her wirt von desem geslagen / czu beiden seiten mit den twerhewen / den wy her eynen twerhaw nür dar brengt / czu weler seite is ist / unden ader oben / zo get im io das swert oben / mit dem gehilcze / mit vorworfner / hant / vor deme hewpte / das her io wol bewart und bedekt ist / Und eyner sal dy twerhewe / eczwas mit / sterke dar brengen
¶ Und wen eyner üm synen hals sölde fechten · so solde her schaffen / mit her der vorgeschreben [ref][28r][/ref] lere / das her mit eyme guten twerhawe den vorslag / gewinne / Wen her mit eyme czu ginge als balde als her irkente / das her ienen dir reichen mochte/ mit eynem schrete ader spronge das her denne dar placzte / mit eyme twerhaw oben von der rechten seiten / mit der hindern sneiden ieme gleich oben czu hawpte czu / und sal den ort lassen schiessen / und sal gar wol tweren das sich der ort wol lenke / und winde / ader gorte um iens hawpt / zam eyn rime / we Denne wen eyner wol tweret / mit eyme gute ausschrete oder spronge / zo mag sichs iener mülich schutzen / oder abewenden / Und wen her denne den vorslag also gewint mit dem twerhaw her treffe / czu der eynen seyten / her treffe ader vele / zo sal her denne als balde in eyme rawsche inmediate an undloz / den nochslag gewinnen / mit dem twerhaw czu der andern seiten / mit der vördern sneiden / e den sich iener keyns slags ader ichsichcz irhole / noch der vorgeschreben lere / Und sal denne twern czu beiden seiten / czum ochsen und czum pfluge / das ist / czu den oben blössen und czu den undern / von eyner seiten of dy ander / unden und oben / ummermer / an underloz / alzo das her ummer in motu sey und ienen nicht losse czu slage komen / Und als oft / als her eynen twerhaw tuet oben ader unden zo sal her io wol tweren / und das swert oben dy twer / wol vor syn ha<w>pt / werfen / das her wol bedekt sey /
[ref][28v] [31].[/ref] Das ist von deme schilhawe :
SChiler in bricht · was pueffel nü slet ader sticht //
Wer wechsel drawet · schiler dor aus in berawbet //
Schil kürczt her dich an · das durchwechsel das sigt ym an //
Schil zu dem orte · und nym den hals ane vorchte //
Schil in dem öbern · hawpte hende wiltu bedöbern
<Schil ken dem rechten / is das du wol gerest vechten /[ref]zwei Zeilen am oberen Seitenrand, Einfügezeichen #[/ref]
den schilhaw ich preize · kumpt her dar nicht czu leize>
Glosa / Hie merke und wisse das eyn krumphaw <schilhaw> ist eyn öberhaw von der rechten seiten mit der hindern sneiden des swertes / dy die linke seite ist genant / und get recht zam schilende ader schiks dar czu eyner zeiten aus geschreten czu der rechten / mit vorwantem swerte und vorworfner hant / Und der selbe haw der bricht als das püffel das ist eyn pawer / mag geslaen / von oben neder als sie phle[g]en[ref]ms. phle-len, DH phleken[/ref] <czu> tuen / Recht zam der twerhaw auch das selbe bricht / als vor ist geschreben / Und wer mit durchwechsel drewt / der wirt mit dem schilhaw beschemet / Und eyner sal wol schilhawen und lank genuk / und den ort vaste schissen anders her wirt gehindert / mit / durchwechsel / Und / eyner sal wol schilen mit dem orte / czu dem halse kunlich ane vorchte / Und
[ref][29r] leer[/ref]
[ref][29v] 32.
Einschub von Versen zum Harnischfechten (vgl. unten fol. 60v).[/ref] WO man von scheiden / swert czucken siet von in beiden //
Do sal man stercken / und dy schrete eben mete merken //
Vor · noch · dy czwey dink / prüfe und mit lere abe sprink //
Volge allen treffen / den starken / wiltu sy effen //
Wert her <so> czucke // stich / wert her / io czu ym rücke //
Dy winden und hengen / lere kunstlichen dar brengen //
Und prüfe dy ferte / ab sy sint weich aber herte //
Ab her denne starck vicht / zo bistu kunstlich bericht //
Und greiffet <her> weite ader lenge an // das schissen gesigt im an //
Mit synem slaen / harte schuetzt her sich · triff ane forchte //
Haw dreyn und hurt dar / rawsche hin · trif ader la varn /
Haw nicht czum swerte / zonder stetzs der blössen warte /
Du treffest ader velest / zo trachte das du der blössen remest /
Mit beiden henden / czum ogen ort lere brengen /
Ficht io mit synnen / und allemal den vorslag gewynne //
Her treffe ader vele / mit dem nochslage czu hant reme //
Czu beiden seiten // czu der rechten <hant> seiten [ref]<hant> DH: mit[/ref]im schreite //
So magstu mit gewynne / fechtens ader ringens begynnen //
[ref][30r][/ref]Das ist von deme scheitelhawe :
DEr scheitelere · deyn antlitz ist ym gefere //
Mit seinem karen · der broste vaste gewaren //
Was von ym kümet · dy crone das abe nymmet //
Sneyt durch dy krone · zo brichstu sie harte schone //
Dy striche drücke / mit sneten sie abe rücke //
Den scheitelhaw ich preize // kümpt her dar / nicht czu leize //
[ref][30v–31r] 33. leer[/ref]
[ref][31v] 34. leer[/ref]
[ref][32r][/ref]
Das ist von den vier leger / ⁊c
VIer leger alleyne · do von halt und flewg dy gemeyne //
Ochse · pflug · alber · vom tage nicht sy dir ümmer /
¶ Glosa ⁊c ¶ Hie nent her vier leger ader vier huten / do vom etzwas czu halden ist / Doch vor allen sachen / zo sal eyn man io nicht czu lange dorynne legen / Wenn lichtnawer hat eyn sölch sprichtwort / Wer do leit der ist tot / wer sich rüret der lebt noch / Und das get of dy leger das sich eyn man sal liber ruren mit gefechten den das her der huten wart / mit dem her vorsloffen [ref]vorsloffen: DH vorslossen[/ref]möcht dy schancze //
Dy erste hute / pflug / is dy / wen eyner den ort vor sich of dy erde legt ader czu der seiten / noch dem abesetzen / das heyssen ander dy schranckhute / ader dy pforte / [ref]Schrankhut: vgl. 48v, 52v. Pforte: vgl. 44v, 47r, 47v, 48v.[/ref]
Dy ander hute ochse / ist das oberhengen von der achsel
¶ Alber io bricht / was man hewt ader sticht /
Mit hengen streiche / nochreizen setze gleiche /
Dy dritte hute alber / ist das undenhengen / mit der man alle hewe und stiche / bricht / Wer dy recht füret
Dy vierde hute / vom tage / ist der lange ort / Wer den wol furet mit gestragkten armen / den mag man <nicht> mit hewen / noch mit stichen wol treffen / Is mag auch wol heissen / das hengen ober dem hawpte
¶[ref]Drei Zeilen am oberen Seitenrand nachgetragen, ohne Einfügezeichen aber Teil der gedrängt geschriebenen Nachträge zu den einzelnen vier Huten.
gefechte: DH gechte[/ref] Lichtnawer helt nur etzwas von den vier leger dorumme das sy aus den ober und under hengen gehen doraus man schire mag gefechte brengen ⁊c
¶ Auch wisse / das man alle leger und huten bricht mit hewen / mit deme / daz man eyme kunlich czu hewt / zo mus io <eyner> of varn und sich schutzen / Dorüm helt lichtnawer nicht vil von den legern ader huten / zunder her schaft liber das sich eyner besorge vor im / mit dem das her den vorslag gewint / ut potuit
[ref][32v] 35.[/ref]Das ist von vier vorsetczen ⁊c
VIer sint vorsetczen / dy dy leger auch sere letczen //
Vorsetczen hüt dich · geschiet das auch sere müt dich //
Ab dir vorsatzt ist / und wy das dar komen ist //
Höre was ich rate · streich abe · haw snel mete drate //
Setzt an vier enden / bleib droffe · kere wiltu enden
<Wer wol vorsetczit / de(s) vechte(n) vil hewe letczit[ref]zwei Zeilen am oberen Seitenrand mit Einfügezeichen #[/ref]
Wen yn dy hengen / kumpstu mit vorsetczen behende>
¶ Glosa / ¶ Hie merke / das vier vorsetczen sint / czu beiden / seiten / czu itlicher seiten / eyn obers und eyns ünders / Und dy letczen ader brechen / alle huten ader leger / Und wy du von oben · ader von unden / eyme / hewe stiche ader snete / mit deyme <swerte> abeleitest / ader abweisest / das mag wol heissen vorsetczen / Und ab dir vorsatz wirt wy das dar kumpt / zo czewch rislich abe · und haw snelle mete czu / yn eyme hurte /
Ist denne das du eyme vorsetzt / ader abewendest eyn haw ader stich / zo saltu / czu hant czu treten und nochvolgen am swerte das dir iener icht abeczihe / Und salt denne tuen was du magst / Wy leichte du dich last und zümest zo nymmestu schaden / Auch saltu wol wenden / und allemal deyn ort keyns eyns brust <keren> / zo mues her sich besorgen /
¶ Auch sal eyn guter fechter / wol lernen / eyme an das swert komen komen / und das mag / her wol tuen / mit den vorsetczen / Wen dy komen aus den vier hewen / von itzlicher seiten / eyn öberhaw und eyn ünderhaw / und gen yn dy vier hengen Wen als bald als eyner vorsetzt von unden / ader von oben / zo sal her czu hant yn dy hengen komen · Und als her mit der vördern sneiden / alle hewe und stiche abewendet / als ist es mit den vorsetczen /
[ref][33r][/ref]Das ist von nochreisen ⁊c ⁊c
NOchreisen lere · czwefach s ader sneit in dy were /
Czwey ewsere mynne · der erbeit dornoch begynne //
Und prüff dy ferte / ab sye sint weich ader herte //
Das fülen lere · Indes · das wort sneidet sere //
Reisen czwefache · den alden snet mete mache //
Volge allen treffen / den starken wiltu sy effen //
In aller lere / den ort keyn eyns gesichte kere //
Mit ganczem leibe / nochreize / deyn ort io da pleibe /
lere auch behende / reizen / zo magstu wol enden
[ref][33v] 36.[/ref]Das ist von öberlawfen // Fechter sich czu /
WEr unden remet · öberlawf den / der wirt beschemet //
Wen is klitzt oben · so sterke · das ger ich loben //
Deyn erbeit mache · ader herte drücke czwefache //
Wer dich drükt neder · öberlawf in · slach sere weder //
Von beiden seiten öberlawf und merke dy sneiden //
[ref][34r][/ref]Das ist von abesetczen / das lere wol
LEre abesetczen · hewe stiche künstlichen letczen /
Wer auf dich sticht · dyn ort trift und seynen bricht //
Von payden seyten · trif allemal wiltu schreiten //
In aller lere // deyn ort keyn eyns gesichte kere /
[ref][34v] 37.[/ref]Das ist vom durchwechsel / ⁊c⁊c
DUrchwechsel lere · von payden seyten stich mete sere //
Wer auf dich bindet · durchwechsel in schire vindet //
<Wen du durchwechselt hast / slach stich / ader winde nicht laz /[ref]zwei Zeilen am oberen Seitenrand, Einfügezeichen +[/ref]
Haw nicht zum swerte · durchwechsel do mete wärte >
¶ Glosa : / ¶ Hie merke / das durchwechsel gar gerade czugehet / czu beiden seiten / von oben neder / und von unden of / Wer is anders rischlich treibet /
Wiltu nu / czu der rechten hant / von oben neder durchwechseln / zo haw eyn öberhaw gleich czu ym / alzo das du dynen ort schüst / ym czu seyner linken seiten öber dem gehilcze yn / alzo das du das selbe löchel und fensterleyn / io gerade treffest / czwischen der sneiden und deme gehilcze / triftz du / zo hastu geseget / gesigt /
Wert her dir das / mit deme das her dyn ort abeweist und <hin>/ drueckt / mit seyme swerte // So la dyn ort sinken · von der selben seiten under seyme swerte herüm / czu der andern seiten / nicht weit üm / zonder unden an sym swerte / zo du neste magst / Und da var ym gar rischlich / öber dem gehilcze yn / mit eyme guten volkomen stiche / Und wen du fülest das du trifts / zo volge wol noch
Und als du von eyner seiten tust / unden ader oben / zo tu von der andern // Und wer mit dir anbindet / zo rawsche an sym swerte hin keyn seyner blöße / mit dym orte / <wert her> zo durchwechsel / alzo vor / ader wind · und füle sein geferte / ab is sey weich ader herte / Dornoch süch · hewe stiche / ader snete / keyn den blößen /
[ref][35r][/ref]Das ist vom Czücken / Fechter merke /
TRit nü in bünde · das czuecken gibt gute fünde //
Czük / trift her / czucke me(r) · erbeit her / wind / das tut im we //
Czük alle treffen · den meistern wiltu sye effen //
Czuk / ab vom swerte · und gedenke io deyner ferte //
durchlawf//
[ref][35v] 38.[/ref]Das ist von · durchlawfen // nü sich.
DUrchlawf loz hangen · mit dem knauf / greif wiltu rangen //
Wer kegen der sterke · durchlawf ir do mete merke //
Durchlawf und stos / vorkere / greift her noch dem klos //
[ref][36r][/ref]Das ist von abesneiden / ⁊c⁊c/
SNeit abe dy herten · von unden in beiden ferten //
Vier sint der snete / czwene unden · czwene oben mete //
Czwir wer wol sneidet · den schaden her gerne meidet //
Sneit nicht in vreize · betrachte io vor dy reize //
Du magst wol sneiden · alle krewtz / nür reisen vormeiden /
Wiltu ane schaden bleiben // zo bis nicht gee mit dem sneiden
[ref][36v] 39.[/ref]Das ist von hende drücken / ⁊c⁊c/
DEyn sneide wende · czun flechen drücke dy hende //
Ein anders / ist wenden · eyns winden · das dritte hengen //
Wiltu machen vordrossen / dy fechter / zo drucke mit stössen /
Ober dy hende hewstu hewet man snete behende //
Czewch och dy snete / obe aus öber dem hewpte /
Wer hende drückit / ane schaden / vor finger czückit
¶ Auch wisse / als bald als du mit dem wenden / eyme / eyn haw ader stich abe wendest / zo saltu czu hant czu treten / und rischlich dar varn czu eyme / Wy leichte du dich last und zümest / zo nymst du schaden /
¶ Auch merke und wisse / das man mit der vördern sneiden des swertes vom mittel der selben sneiden / bis czu deme gehilcze / alle hewe ader stiche abewendet / und e neher eyme eyn haw ader stich czu syme gehilcze kumpt / of der selben sneiden / mit deme als <her> im gewendet hat dy selbe vörder sneide / e bas und e kreftiger / her dy selben hewe ader stiche abewenden mag // Wenne e neher czum gehilcze e sterker und e mechtiger / und e neher czum orte / e quesw e swecher und e krenkher / Dorüm wer eyn guter fechter wil seyn / der sal vör allen dingen lernen wol abewenden / Wen mit dem das her wol abewendet kumpt her czu hant yn dy winden / aus den her wol kunst und höbscheit mag treiben dez gefechtez /
¶ Dy vörder sneyde / am swerte heist dy rechte sneide / und alle hewe ader stiche sint vortorben[ref]vortorben: DH verterben[/ref] mit dem wenden
[ref][37r][/ref]Das ist von hengen / Fechter daz lere /
Czwey hengen werden / aus eyner hant von der erden //
In allen <ge>ferten · hewe · stiche · leger · weich ader herte //
Sprechfenster mache · stant frölich sich syne sache //
Sch Slach das her snabe · wer von dir zich czewt abe //
Ich sage vor ware · sich schützt keyn man ane vare //
Hastu vornommen · czu slage mag her kleyne komen //
Is das du bleibest · am swerte da mete auch treibest //
Hewe stiche ader snete · das fülen merke mete //
An alles vor czh czihen · vom swerte du <auch> nicht salt flien //
Wen meister gefechte · ist am swerte von rechte //
Wer an dich bindet · der krik mit im sere ringet //
Das edle winden · kann in auch schire vinden //
Mit hewen mit stichen mit sneten vindest in werlichen //
In allen winden · hewe stiche snete saltu vinden //
Das edle hengen / wil nicht syn an dy winden
Wen aus den hengen · saltu dy winden brengen //
¶ Glosa / ¶ Hie merke und wisse das czu itzlicher seiten sint czwey hengen · Eyn underhengen und eyn öbirhengen / mit den du eyme wol an das swert magst komen [ref]eine Zeile am unteren Seitenrand, Einfügezeichen +[/ref]<wen dy komen aus den öberhewen und underhewen> / Wen das nu geschiet / das du mit eyme an bindest / ader wy du süst mit im an das swert kömps / zo salt du an dem swerte bleyben und salt und salt winden / und salt alzo mit im gar [ref][37v] 40.[/ref] frölichen / mit gutem mute / und künlichen an alle vorchte / an dem swerte stehen / Und salt gar eben sehen / merken und warten was her wolle tuen / ader was syne sache sey / der her keyn dir pflegen woelle / Und daz stehen / alzo an deme swerte / das heisset lichtnawer eyn sprechvanster · Und wen du nü mit im alzo an dem swerte stehst / zo salt du gar eben merken und fülen syne geferte / ab sie sint weich aber herte / dornoch salt du dich denne richten als vor ofte gesprochen ist · Ist das her sich vör allen sachen / e denne du noch ichsicht begynnest / abe czewt von deme swerte / zo salt du czu hant noch volgen und salt in slaen hawen ader stehen was du am schiresten magst dar brengen / e den her czu keynerleye dinge kome[ref]vier Zeilen am unteren Seitenrand, Einfügezeichen +[/ref]
<Wene du hast io neher czu im mit dem das am swerte blibest / und dyn ort keyn im reckest / wen iener not syme abe czihen / Den e her sich eyns slags erholt der dar brengt / zo var czu hant dar mit dym orte> //
Bleibt her aber mit dir an dem swerte / zo prüfe / io und merke / ab her sy weich aber herte an dem swerte / Ist das her ist / weich und swach / zo saltu rischlichen und künlichen volvaren und dar hurten / mit dyner sterke und salt im syn swert hin dringen und drücken / Und süche syne bloßen / czu koppe ader czu leibe / wo du nür czu magst komen / Ist iener a denne herte und stark an deme swerte / und meynt dich vaste hin dringen und stossen zo saltu denne weich und swach seyn / keyn syner sterke / und salt syner sterke und syme dringen mit dyne(m)[ref]dynem: ms. dynen[/ref] swerte entwychen [ref][38r] [/ref]und yn dem weichen als im syn swert im hin prelt und wischt / als vor auch von deme geschreben ist / In deme ader dy weile als das im geschit / e denne her sichs weder irholen mag / dar her czu keyme slage ader stiche kome //
Zo saltu selber syner blössen war nemen / mit hewen stichen ader sneten / wo du in am schiresten gehaben magst / noch der vorgeschreben lere // risch / künlich und snelle das io iener mit nichte czu slage kome
Dorum spricht lichtnawer // ich sag vor war · sich schutzt keyn man ane var / Hastu vornomen / czu slage mag er kleyne komen / Do mite meynt her / das ich keyner mag ane var ader ane schaden schutczen / Is das du tust noch der geschreben lere / Ab du im den vorslag gewynnest und tust den mus io iener weren / ader mus sich lassen slaen / wen du denne den vorslag tust / du trefst ader velest / zo saltu rischlich und in eyme rawsche den nochslag tuen / e denne iener czu keyme slage kome / Denne wen du den vorslag wilt tuen / zo saltu recht zam yn eyme gedanke und mute den nochslag auch tuen / recht zam du sy mit einander wellest tuen / wen is möglich were // Dorum spricht her / vor noch / dy twey dink ⁊c / den tust du den vorslag · du treffest ader velest / zo tu io / in eyme rawsche / risch und snelle den nochslag / das iener mit nichte [ref][38v] 41.[/ref] czu slage kome / Und alzo saltu schaffen das du yn allen sachen des fechtens io e komest denne iener / und als balde als diser kumest dnne iener / und den vorslag gewinnest / zo tu czu hant den nochslag / Wen du salt keyn vorslag tuen / du habst io / den nochslag auch mete ym synne und ym mute / also dastu ummermer in motu seist / und mit nichte feyerst ader last / zonder ummermer eyns noch dem andern treibst · risch und snelle das iener czu keynen dingen mege komen / Vorwar tustu / das / zo mus her gar eyn guter syn / der ungeslagen von dir kummet / Wenne mit der selben kunst / ader mit dem vorteil das / kumpt is oft / das eyn pawer ader eyn ungelarter eyn guten meistern / slet / mit deme das her den vorslag tuet / und künlich dar hurt // den wy leiche ist das obersehen / das in/deß trift und in alzo beschemet und slet / denne eyner der der slege war nymmet / und des schütczens wil warten / der ist io in grosser var / denne iener der do of in slet / und den vorslag gewynnet / Dorumme schaffe / das du yn allen sachen des fechtens der erste bist / und io eyme of dy linke <rechte> / seiten komest / do bist du wol aller dinge sicher denne iener /
[ref][39r] leer[/ref]
[ref][39v] 42.[/ref] VOn beiden seiten / ler acht winden mit schreiten /
Und io ir eyne / der winden mit drey(n) stöcken meyne //
So synt ir czwenczik / und vier / czele sy enczik //
Fechter das achte / und dy winden rechte betrachte //
Und lere sy wol furen / zo magst du dy vier blößen rüren /
Wen itzliche blösse / hat sechs ruren gewisse /
[ref][40r][/ref] ¶ Glosa / Hie merke / das dy winden / sint dy rechte kunst / und gruntfeste alles fechten /des swertes / aus den alle ander gefechte und stöcke komen / und is mag mülich eyn guter fechter / syn / ane dy winden / Wy wol etzliche leychmeistere · dy vornichten / und sprechen is sy gar swach was aus den winden kumpt / und nennen is / aus dem korczen swerte / dorumme das sy slechte und eynveldik dar gen / und meynen das sy aus dem langen swerte gefochten / was dar get / mit gestracken armen / und mit gestraktem swerte / und was gar veyntlich und starck von allen kreften des leybes dar get / nur duch wol stehens wille und das is grawsam an czu sehen ist wen sich eyner alzo streckt recht zam her eynen hazen wolle irlawfen / und daz ist alles nicht / weder dy winden und weder lichtnawers kunst / wen do ist keyne sterke weder denne worumme wer anders kunst / sölde allemal dy sterke vörczihen /
Zusammenfassung der Lehre (foll. 64–65)
[ref][64r][/ref] HIe vornewt man · und vornander weit / dy stöcke und gesetze / des blozfechtens / meister lichtnawers · mit korczer und mit slechter rede / durch grösser und besser vorstendunge und vornemmunge wille / Ab vor ichsicht ist geschreben / in den reymen und in der glozen / unbedewtlich und unvornemlich / das daz mit slechter rede körtzlich werde öberlawfen /
¶ Czu dem ersten merke und wisse das lichtnawers fechten leit gar an den fümff wörtern vor · noch · swach · stark · Indes · / dy eyn grunt / kern und fundament seyn alles fechtens / und wy vil eyner fechtens kan / weis her nür des fundamentz nicht / zo wirt her oft bey seyner kunst beschemet / und dy selben wörter sint vor oft aus gelegt / wen si nür of das gehen das eyner ummermer in motu sey und nicht veyer ader lasse · das iener icht czu slage kome / Wen vor noch / bedewten / vorslag / und nochslag / als vor oft ist geschreben / und das gehet of das / daz do heisset / principium und finis / anhebunge und endunge /
Wen eyn ernster guter fechter / ficht dorüm mit eyme / das her mit syner kunst eynen wil slaen / Und nicht geslagen werden / und das mag her nicht tuen an anhebunge und ane endunge / Wil her denne wol anheben / so schaffe her das her io den vorslag habe und gewinne / und nicht iener / den eyner der do slet of eynen / der ist io / [ref][64v] 69.[/ref]sicher / und bas bewart / dez halben / denne iener der / der slege[ref]der slege: DH dirslege[/ref] mus war nemen und warten / wen her denne den vorslag gewint und tuet / her treffe ader vele / zo sal her denne dornoch / inmediate ane underloz in dem selben rawsche den nochslag tuen / das ist den andern slag / den dritten den vierden ader den fümften / is sey haw ader stich alzo das her ummemer in motu sey / und eyns noch dem andern treibe / ane underloz das her io ienen nicht las czu slage komen / Dorüm spricht lichtnawer Ich sage vor ware / sich schützt keyn man ane vare[ref]Eine lat. Glosse sine per[ni]cio zu ane var wurde am Rand nachgetragen.[/ref] / Hastu vornomen / czu slage mag her kleyne komen /
Tu / nür als vor oft geschreben ist / und bis in motu / Das wort Indes get of dy wörter / vor / noch · den wen eyner den vorslag tuet / und iener den weret / Indes und dy weile · das in iener weret und sich schützt zo mag deser wol czu dem nochslag komen /
Auch get is of dy wörter swach · stark / dy do bedewten / daz fülen / den wen eyner an dem swerte ist / mit ieme und fület ab iener stark ader swach ist / dornoch tut her denne noch der oft geschreben lere /
Und das fundament wil vor allen sachen dy principia haben / Kunheit / rischheit / vorsichtikeit / list / und klukheit / ⁊c
Und och yn allen dingen moze / ab her nü den vorslag gewinnet / den sal her nicht zo gar swinde tuen das her sich deste bas des nochslags irholen mag / und sal och nicht czu weit schreiten / das d her sich deste vas eyns [ref][65r][/ref] andern schretes hindersich ader vorsich ab sichs gepürt möchte irholen / als lichtnawer spricht Dorof dich zoße / alle dink haben lenge und moße / Dorum sal eyner nicht gehe syn / und sal sich vor / wol bedenken was her treiben wil
[ref]Ab und das selbe… wohl ein Nachtrag, in dunklerer Tinte und etwas eiligerem Duktus.[/ref]und das selbe sal her denne künlich treiben und eyme rischlich dar varn czu koppe ader czu leibe / und mit nichte czum swerte / Wen ab eyner im eyme gar gewislich eyme hewt czu koppe ader czu leibe / daz ist czu den vier blossen / dennoch kumpt ist oft czum swerte an eyns dank / Is das sich iener schützt / zo schützt her sich mit dem <swerte> / alzo das is dennoch czum swerte kumpt / Dorüm spricht lichtnawer
Haw nicht czum swerte / zonder stes stetz der blossen warte /
Czu koppe czu leibe / wiltu ane schaden bleiben /
Du trefst ader velest / zo trachte das du / io der blössen remest /
In aller lere / deyn ort keyn eyns gesichte kere /
Und wer weit ummehewet / der wirt oft sere beschemet /
Off daz aller neste / brenge hewe ader stiche dar gewisse /
Und dich <nicht> züme io / das iener icht e kome wen du /
So magstu wol bestan / recht vor eynem guten man /
Andere Fechtmeister (foll. 43–52)
[ref][43r][/ref]Hie hebt sich an · der ander meister gefechte /
<Hanko pfaffen döbringers : >[ref]Hanko pfaffen döbringers am oberen Seitenrand, mit Einfügezeichen .+. markiert als vor die drei anderen Namen zu setzen. Ehlert&Leng (2003:291) hielten das für eine Selbstennung: “Vor die Einleitung der Fechtlehren von Andreas dem Juden, Jost von der Neißen und Niclas Preuß hat er, durch rote Tinte hervorgehoben, auf seinen Anteil an der Verschriftlichung des Stückes hingewiesen.” [/ref] Andres Juden ·
Josts von der nyssen · Niclas prewssen / ⁊c
Ist hie yndert eyn degen
Der sich dorczu wölle wegen
Czu lernen mit dem swerte
Und sich auch doran kerte
Wen is ist eyn höfeliches spil
Und hat lust und frewde vil
Vor ritter und vor knechten
Is das her fichtet rechte
So wil ich im geben drey rete
dy sal her halden stete
Der erste rat ist auch gut
wer do ficht mit geringen mut
witzickleich an allen czorn
der fechter wirt selden vorlorn
ficht her anders noch der lere
her gesigt ummermere
Der ander rat ist das
den wil ich nu sagen bas
das keyn man zo tump sal seyn
wenne das selbe fechten brenget pyn
der vier ader seche slaen wil
der nymmet ofte schaden vil
wenne im wirt vil ofte eyn slag
den her nicht abewischen mag
den mus her im nu haben
schande gespötte und auch den schaden
wenne dy selben nerreleyn
wellen io dy besten seyn
[ref][43v] 46.[/ref] Is ist nicht rechte kunheit
zonder eyn grosse narheit
der vier ader sechse wil bestan
wirt im icht / daz mus her im han
zam hers im gekawfet hette
is wer vil besser in eynem bette
dy weile gesiecht und gelegen
den sülcher grosser torheit pflegen ·
¶ Is kumpt ofte das eyn man
Vier ader sechze mus bestan
Tut hene witzicleich[ref]Der Zeilensprung deutet auf eine schriftliche Vorlage.[/ref]
Tut her denne ritterlich
ader kumpt von in witczicleich
der mag wol alle mal bestan
Recht vor eynen künen man
¶ Doch horet alle / offenbar
genczlich an alle var
Fridank der kluge man
Spricht das an allen wan
der ist genant eyn küner man
der synen gleich tar bestan
den wil ich preisen an aller stat
ritterlich ane missetat
Von türsten und von kunheit frey
das her eyn rechter degen sey.
¶ Den dritten rat wil ich dir geben
den saltu vo[n] mir of nemen[ref]von: ms. vom[/ref]
du salt nicht dorüm lernen fechten
das du eyme czu unrechte
mit dyner kunst wölst öberlegen
In sülcher weize saltu nicht pflegen
[ref][44r][/ref]fechtens mit eynem fromen man
Is trete denne erhaftige not an
mit dyn kunst / üm zost / nymant dringen
wiltu das dir sölle gelingen
in allem gefechte zo rat ich dir
vol vorlas dich of dy kunst nocht czu ser
Und hab den obristen / gerechten fechter vor ogen /
das her dich / by dyner kunst icht pfloge
und übe dyne kunst czu nöten / yn rechvertikeit
und nicht umme züst ader yn narhait
so magstu alle mal bestan
vör eyn fechter / als eyn guter gerechter man
wen dorum ist derdocht fechten
das man is sal üben in rechte
und in guter worer hobischeit
wen is brengt gelenkheit / list und klugheit
Unde / kumpt <auch> oft das eyn man
eynen üm ere / leib / und gut mus bestan
gesigt her denne mit syner kunst ritterlich
mit gote und mit rechte daz lobe ich
¶ Hie merke und wisse / das ich vil deser meistergefechte underwegen lasse / dorumme daz man sie gar / und auch gerecht / yn lichtnawers kunst und fechten / vor hat / noch worhaftiger kunst / Doch durch übunge und schulfechtens wille / wil ich etzliche stöcke und gesetze ihres gefechtens / mit slechter und korczer reden schriben ⁊c
[ref][44v] 47.[/ref] Das ist von der eyserynen pforten
¶ Hie get nü an mit rechte
das aller peste gefechte
das dy vorgenanten meister haben
das wil ich dir nu sagen
dy eyseryne pforte ist is genant
und wirt dir offenbar czu hant /
Ist das du bist besessen
mit vier ader sechs pawren gar vormessen
secz vor wellen fus du wilt
mit der pforten mache dir eyn schilt[ref]dir: DH du[/ref]
den ort of dy erde lege
Nu hör wes du denne salt pflegen ·
dornoch du dich io salt richten
das sy gar vör dynem gesichte
sten und keyner dir kame hinden czu
Nu höer wy du salt tun ·
Was sy of dich hawen und stechen
das saltu mit abesetzen swechen
stark of von der erden
zo magstu sie wol beschemen ·
Und salt mit deme pfobenczagel of sy treiben
zo mag keyner vör dir wol bleiben ·
Haw under in wert[ ]fechten mit paraten[ref]ms. wertfechten wohl für wert fechten, zu wert “wärts”?
pârât “List, Kniff; Künststück, Posse, Kurzweil; Fechterkunststück“, von it. baratto, letztlich gr. πράττειν, unverwandt(! aber sicherlich sekundäre Beeinflussung?) mit “Parade”, “parieren” (vgl. paryrn 14r).
drâte “schnell, eilig”; zonderwân “zuversichtlich”; ban “(gerodeter) Weg”, seit dem 14. Jh. auch “Turnierplatz”.[/ref]
Mit wechselhewen haw czu drate
und mit der krawthacken
magstu sie wol czwacken
doch rate ich zonderwan
keyn in gar gleich of der ban
[ref][45r][/ref] du mit nichte salt bleiben stan
wiltu nicht seyn eyn vorlorner man
sonder weler czu der selben vrist
keyn dir an deme ende ist
czu deyner linken seiten
keyn deme saltu balde schreiten
und im geben eynen slag
der her nicht abelecken mag
und ab sy weder quemen dar
keyn dir alle als var
den endesten du io salt abe czelen
zo mag dirs nicht wol velen
du slest eynem vor den andern noch
nur la dir nicht seyn goch
mit eynander of sy gar
so bestestu wol an alle var
Doch als du vor hast vornomen[ref]vornomen hier: “vernommen”; bei Liechtenauer aber nb. hastu vornomen “hast du das Vor genommen”[/ref]
Wy in der vorrede dar ist komen
das is mülich dy lenge möchte stan
Vier ader seche dy gesigten eyme an
Dorüm wil ich nu raten dir
wirtu anders volgen myner ler
alzo als du io czu deme am ende
springest und hurtest ane missewende
E denne sich dy andern gar
weder keyn dir keren / als var
So magstu wol merken und achten
ab du mit keynerley sachen
von in möchtest komen ane schade
zo sprink kunlich von in als ich sage
[ref][45v] 48.[/ref] wen is ist nicht schade / ader uner
czu flien / vier seche ader mer
wenne du denne begynnest
czu lawfen und von in springest
So wirf deyn swert dy twere
hinden ober dyn hawpt sere
und lawf was du gelawfen magst
weler dir denne / am suresten noch iagt /[ref]sûr schon seit dem 12. Jh. im übertragenen Sinn “böse, schlimm, grimmig”.[/ref]
das dich dunket her sey dir nu na
zo sprink beseitz aus dem wege da
so lawft her dir zo swinde noch
wen of dich / zo ist im goch
das her sich nicht mag halden weder
so slestu in noch wonsche derneder
[ref]fol. 46 leer
49.[/ref]
Glossen zu einzelnen Stücken (foll. 47r-48v)
[ref][47r][/ref] ¶ Eyn gefechte heisset dy noterczunge und kumpt aus dem durchwechsel <ader aus dem orte> / Das eyner / yn dem orte stet und tut sam her wolle durchwechseln / als vert her im mit dem orte czu beiden seiten / ober deme gehilcze yn / mit drew stichen / also das her ieme ummermer drewt mit dem orte und ienen als irre macht das her nicht weis wo im deser czu wil / Wen denne deser siet / wo her in am gewisten gehaben mag / do vert her im yn / mit dem orte / mit eyne volkomen stiche / und das mus gar risch dar gehen / das is iener nicht weret /
¶ Eyn gefechte heisset / dy krawthacke / und kumpt aus der eiserynen pforten / mit dem orte von der erden gleich of / czum manne und weder neder / und ist gar stark / wer is recht treibet / mit schreten gleich vorne czu / mit itzlichen of varn eynen schret getan /
[ref][47v] 50.[/ref]¶ Eyn gefechte heisset der werkemeister / und kumpt aus dem underhengen / czu der linken seiten / mit ort drewen noch dem abesetczen / Und is mag auch wol aus der pforten genant werden / also es sich mit deme orte keyn eyme stellet /
¶ Eyn gefechte heisset der pfobenczagel / und kumpt aus dem orte / und gat mit dem orte um eyns swert / aber süst eyme vor den ogen zam eyn rat ader czirkel / gleich um / So lange bis das her siet wo her [i]n gehaben mag /[ref]her in: ms. h(e)rn[/ref]
[ref][48r][/ref] ¶ Eyn gefechte heisset · […] [ref]auf der Zeile wurde Raum gelassen für den Namen des Stücks, der jedoch nie nachgetragen wurde.[/ref]
und kumpt auch aus deme durchwechsel / das eyner drewt mit eyme öbernhawe von der rechten seiten / Und durch wechselt czu der linken seiten / mit eym guten ausschrete und brengt do mete eyn andern öberhau · der do gleich czum manne czu get / und vorne treffe/ czu der scheitel / ader dy twer vor daz gesichte /
Ader tu zam her eyn oberhaw wolle tuen von der rechten seiten / Und tu eyn störczhaw czu der selben seiten / und kom czu der linken seiten under seyme swert herüm / mit eyme ausschrete czu der selben seiten
¶ Eyn gefechte heißet / dy drey hewe / und daz ist eyn ünderhaw von der rechten seiten / Und denne eyn underhaw von der linken seiten stark of an iens swert / mit abesetzen / den dritten haw denne gleich czu der scheitel neder / der do treffe
[ref][48v] 51.[/ref]¶ Eyn gefechte heisset · dy schrankhute / das kumpt / aus dem orte / alzo das du den ort legst of dy erde / czu weler seiten du wilt und stellest dich do mete czum abesetzen /
Ader is mag auch genant werden aus der pforten / wen eyner den ort gleich von sich neder stellet of dy erden / und von wanne denne eyner of in hewt ader sticht / zo vasse her ieme synen ort des swertes / mit dem als her keyn im of vert / mit dem abesetczen / und sla / im unden czum füssen · ader aben gleich czu wo her in ab am nehesten derreichen mag / Und das ist auch etwas dem pfobenczagel gleich / wen eyner ummermer alzo of vert und weder neder slet unden ader oben / wo her nur mag
[ref][49r] – [52r] leer
52. / [Seite 53. fehlt] / 54. /55.
[/ref]
Zum Schulfechten (fol. 52v)
[ref][52v] 56.[/ref]¶ Wiltu weydenlich / czu eyme gehen / in schulfechten zo du schimpf / und höbscheit gerest treiben / So schöte[ref]schöten, schoten “in schwingende Bewegung setzen, schwingen, schütteln”[/ref] czum ersten · dyn swert mutticleich · Und valle czu hant in dy schrankhute czu beyden seiten / und süche dy leger weydlich / von eyner seiten of / dy ander / mit schreten / Dornoch kom in dy ünderhengen / auch czu beiden seiten / mit schreten / Dornoch kom / in dy öberhengen czu beyden seiten / mit schreten / Dornoch kom in dy twer hewe / czu beiden seiten / mit schreten / alzo / wen du der egnanten gefechte eyns furest / czu eyner seiten / das du do / mete schreitest / fürest du is czu der linken seiten / zo secze den rechten fus vor / et equaliter / Und das volbrenge als /e du czu iemen komest / als underwegen / wen du den czu ieme kumpst / zo treib denne etzwas redlichs / was do czu schimpfe tawg ⁊c
// Und reme io liber / der obern / bloßen den der undern / und var im also ober dem gehilcze yn / Und gedenk der vorgeschreben lere / vor allen sachen / alzo das du den vorslag gewynnest / und als bald du den tust / zo tu czu hant den nochslag dornach / an underlos und an zümenüss // recht zam du sy mit eynander wollest tuen / ab is mögelich were und treibe ummermer eyns noch dem andern rischlich und künlich / ab eyns vele / das das ander treffe und vorgank habe / und das io iener mit nichte czu slage kome /
Rossfechten (foll. 53–60)
[ref][53r][/ref] Hie hebt sich nu an das fechten czu
rosse in harnüsche mit sper und swerte ⁊c
JUng ritter lere / got lib haben frawen io ere /
So wechst deyn ere / übe ritterschaft und lere /
kunst / dy dich cziret / und in krigen ⁊c ut supra in preambulo ⁊c
DEyn sper berichte · kegen reiten mache czu nichte //
Und vor an wisse · dyn roz das gorte gewisse //
Du salt wol merken · dy glefney bederben mit sterke //
Wiltu czu / rynen · zo fasse den czam lang mit synnen //
Dornoch zo streiche · dy glefney czwer öber eyn seite //
So merk dy seiten · zo du mit kunst gerest streiten //
Haw dreyn nicht czücke · von scheiden / link czu im rücke //
So reit mit synnen · czo du abesetczen ruchest gewynnen //
Wiltu abesetczen · und brechen / syne kunst do mete letczen //
Dy glefney czu vorne · rücke dor under und nym sy ane czorne //
Hoch an du setcze · swenke durchfar wiltu in letczen //
Greif im seyn rechte · czo vestu in ane fechten //
Begreif seyn were · mit dem ros dich ummekere //
Ach magstu rangen · wen du in hast umme vangen //
Wiltu aber vorflien · zo schicke deyn pfert czu ummeczihen //
Dornoch abesetcze · mit winden in sere ietcze //
Aber schicke dich umme / daz <du> sitzt ynder krümme //
[ref][53v] 57.[/ref]¶ Vör allen sachen / saltu mit fleisse achten /
Der edlen leren / dy im blozfechten ist geschreben /
Indes und vor · noch · saltu hie wol merken och /
Rischeit und kunheit / vorsichtikeit list und klugheit/
[ref]fol. 54 leer
58.[/ref]
[ref][55r][/ref] Ab sichs vorwandelt · das swert keyn swerte wirt wirt gehandelt //
Recht fasse dy sterke · taschenhawe du in süchen merke /
Lere wol stark schoten · alle treffen ane var / mit nöten / [ref]schoten = schöten “schütteln”
swoiff: DH stroiff; sweifen “in rund umschliessende, drehende Bewegung setzen, schweifen, schwingen”
geruet: DH gernet; wohl gerûet “ruhe habend, ohne arbeit” Jud Lew (106v): Wiltu gerüet langk iagen das ser müet[/ref]
An setze ane vare · wer swoiff heng in czu dem hare /
Wiltu geruet / lang iagen sere müet /
Wer das nü weret · zo wind das selbe awge vorseret /
Wert her das vörbas · vach den czawm weze nicht las //
Bedenke dy bloßen · suche messer nicht warte klößen //
In aller were · deyn ort / keyn der bloßen kere //
Czwene striche lere · mit lerer hand keyn der were //[ref]strîche “Streiche”, oder: swîche “Lauf, Gang; Schaden, Betrug”?
alle: ms. abe?
schofgriff: Jud Lew (111r): In den Gloßen heist es der schofgrif, Wann der schoff ist der recht arm deins widersagens[/ref]
Der schofgriff / weret · alle griffe undern awgen veret //
¶ Auch merke dy seiten · do du of vorteil gerest reiten //
Wer of dich wil hawen · vorsetczen saltu dich frawen //
Und vinden snete · hinden und vorne stich sere mete //
Dornoch abehawe · czawm hant / rech<t> beyn zonder drawe //
Wen du erst windest · ruche ansetzen / etwas du vindest //
¶ Wer of dich synnet · und synt swert czu durchrynnen gewynnet //
An czweivel wint an · wiltu keynen schaden von im han //
Dy link seite merke · deyn erbeit auch mete sterke //
Winden vorsetzt · swert lang / los hangen zo ist her geletzt //
Dornoch in blende · der dich mit vorsetzen wil schenden //
Ane sorge nym war · var im balde under arm dar //
Recht lang los hangen · das lobe ich gancz wiltu rangen //
Drük vast mit stössen · vom czawm / suche messer reme der blossen /[ref]Jud Lew (95v): Truck vast stoß vom zawm vnd such sein messer[/ref]
¶ Übe dy kunst czu vorne · in schimpf / zo gedenkstu ir in czorne //
[ref]foll. 55v–57r leer
59. / 60. [/ref]
[ref][57v] 61.[/ref] DEr schofgrif weret · wer ringens sich czu dir keret //
Als undern awgen · ane greife lere mete flawgen //
Wer dich an fellet / weder reitens der wirt gefellet //
Hangens czur erden · öbergreif in recht mit geberden /
Czu beiden seiten / du in an ler dich alweder reiten //
Der schofgrif mit lobe / wert alle griffe undern ogen //
[ref][58r]
roslauf: Längenmass (stadium, 1/16 frz. Meile, etwa 200 m)[/ref]Ab du wilt reiten · roslawfens czur andern seiten //
Der sterke schote · ane setcze do mete nöte //
Wer weret dir das · weite swert vach natrag der handlas //
Ader umme kere · ruet czu iagen der were //
Mit allen künsten / der iagt den schicke noch günsten //
Ab du voriagest · und ane danke linke iagst //
Seyn swert auf taste · und rangen stoz sere mete vaste //
[ref][58v] 62.[/ref] Iagt man rechtens / halb kere link / warte vechtens
Mit armen vahen / zo mag dir keyn schade nahen //
Kere anderweit umme / ab dy roz nü hin sprüngen //
Dy messer nemen · behaden ler ane schemmen //
Den ungenanten · dy starken in io vorwanten /
Irslaen irstechin / vorterbet an alle fechten //
[ref][59r][/ref] Wiltu an fassen / neben reitens nicht saltu lassen /[ref]Jud Lew 119v.[/ref]
das zunne czeigen · linke ermel treib wiltu neigen //
Das vorhawp taste · kegen nacken drük zere vaste //
Das her sich swenket · selben weder auf / sich gelenket //
Wer dir do remet / öbirgreif den · der wirt beschemet //
Druk arm an hawpt · der grif ofte zatel rawbet //
Wilt aber dy masen · des vahens leicht von dir lasen /
Ringens den fure · gevangen hin ane snüre /
Den vorgrif merke · der bricht vörbas syne sterke /
[ref][59v] 63.[/ref] Ab sich vorrukt · das swert keyn sper wirt geczukt /
Der strich io war nym · sprink vach ringens yle czu ym //
Link lang von hantslach · sprink weislich und den vach /
Ab her wil czücken von scheiden vach und drük in /
Das her dy blöße mit swertes orte vordröße //
Leder unde hantschuch · under dy awgen dy bloße recht zuch //
Vorboten ringen · weislichen czu lere brengen //
Czu fleißen binde · dy dy starken do mete vinde //[ref]binde: DH vinde[/ref]
In aller lere · den ort kegen der bloßen kere //
Harnischfechten (fol. 60)
[ref][60r][/ref] Wer abesynnet / vechtens czu fuße begynnet //[ref]abesynnet wohl “(vom Pferd) absteigt”, zu sinden, sinnen “gehen, kommen”[/ref]
Der schicke syn sper · czwey sten am anheben rechte wer //
Sper und orte · den vorstich ane vorchte //
Sprink und setz recht an · wert her czuk · das sigt ym an //
Wiltu vorstechen · mit czücken lere were brechen //
Merk wil her czihen · von scheiden und wil her flyen //
So salt im nahen · y warte weislich des vahen //
[ref][60v] 64.[/ref] WO man von scheiden · swert zücken siet von in beiden //
Do sal man sterken · dy schrete eben mete merken //
Vor · noch dy czwey dink sint aller / prüfe mit lere abesprink /
Volge allen treffen · den starken wiltu sye / effen //
Wert her czo czücke · stich · wert her ia czu ym rücke //
Ab her lank fichtet · zo bistu künslich berichtet //
Greift her auch sterke an · das sciße schißen sigt ym an //
Mit synem slaen · harte · schützt her sich · trif ane forte //
Mit beiden henden · czu awgen ort lere brengen ·
Des fürdern fußes / mit slegen du hüten müsest //
[ref]61r leer[/ref]
Ringen (Fragment fol. 62r)
[ref][62r] 65.
Fragment zum Ringen, wieder aufgenommen 86r.
62r-63v leer (herausgeschnittenes Blatt 67), 64r-65r Zusammenfassung der Lehre (s.o.), 65v-66 leer (herausgeschnittenes Blatt 71), 66v astrologisch/alchimistische Tetraden, 67r-68r Einträge in später Hand, 68v astrologische Einträge, 69r-73v magische/alchimistische Rezepte.[/ref]Das ist nü von Ringen / ⁊c
AB du wilt ringen / hinder beyne recht lere springen //
Regel vörschissen / das vorbeyn künstlichen slyszen //
Von beiden henden / ab du mit kunst gerest enden //
Buckler (Fragment fol. 74r)
[ref][74r]
74v-75r Rezepte zum Färben (späte Hand),
75v-77v Rezepte in der Hand des Verfassers (75v-76r medizinische Rezepte, 76v-77r Rezepte zum Vortäuschen von Elfenbein und Edelmetallen, 77v medizinische Rezepte)
[/ref]Hie hebt sich an fechten mit dem schilde
WEr do mit dem schilde wil lernen fechten ader mit deme pökeler / der sal czu dem aller ersten wissen
Stange (Fragment fol. 78r)
[ref][78r]
78v leer, 79r-80r über das Polieren von Edelsteinen, 80v-81v Rezept für einen Heiltrank.[/ref]Hie hebt sich an fechten mit der stangen
WEr do mit der stangen <wil> fechten lernen der sal von aller ersten wissen und merken das eyn stange von rechte / sal czwelf spannen lang / seyn / Und das / daz fechten mit der stangen / ist / aus dem swerte genomen / Und als eyner ficht mit dem swerte / zo fechte her och mit der stangen / Und dy principia / dy do gehoren czum swerte / als vor · noch · kunheit · rischeit · list klukheit ⁊c dy gehoren och czu der stangen /
Langes Messer (fol. 82)
[ref][82r][/ref] Hie hebt sich an fechten mit dem langen messer
WEr do mit dem langen messer wil fechten lernen / wen aus dem langen messer ist das swert genomen und funden / Der sal von ersten merken und wissen das daz fundament und dy principia / dy do gehoren czum swerte / dy gehoren auch czum messer /
[ref][82v] 89.[/ref]¶ Eyn man hat nür czw[e]n hende / und hat von der hant czwen slege oben / und unden auch czwene / aus den komen stiche und snete / als of dem swerte ist / mit dem winden / Und eyner hat vier schrete / vorsich eynen und hindersich eynen / und czu itzlicher syten eynen / dornoch sichs gepürt noch dem gesetze des gefechtes / Off dise geschreben rede / mit sampt dem fundament und principia do sint alle dink auf gebawet deser kunst
¶ Auch wisse recht zam nichtes mecht am messer üm zost ist irdocht und gemacht / zonder daz man is alles bedur[f] und nütczen sal noch dem als sichs gepürt und als dy kunst fordert und begert ader heist / als sal och keynerleye dink noch gelid am menschen syn daz do feyer und ruge wen is dorczu kumpt / syn dy daz kunst begert und fordert / czu der selben erbeit /
¶ Auch wisse das dy rechte hant der linken veynt sal syn / und dy linke der rechten / und dy eyne hant sal hin setczen und abeweisen / und dy ander sal schaden tuen /
¶ Auch wisse das czwene schilt trete syn / dy czu allerleye gefechte gut und nütcze syn /h/ eyn hindersich und eyn vörsich und syn dy schrete wen man eyn beyn öber das ander krewczeweis leit und slewst ader schrankt /
Dolch (foll. 84–85)
[ref][84r][/ref] Hie hebt sich an fechten mit dem degen
WEr do wil fechten lernen mit deme degen · der sal merken und wissen / daz daz swert vorne gespiczt sol sein solsein und ist geschm in allexandria
[ref]Rezeptnachtrag in später Hand[/ref]
¶ Der degen / ader das kurcze messer das czu kamp stiche / keyn dir gestalt und gericht ist das saltu mit dyner linken hant / mit yngriff aus winden / alzo das du im syn arm begrif mit dyner linken hant / und das dir syn messer ober dyme arme sey / zo wend im den arm mit dem messer üm / zu muss her is lassen.
¶ Auch mag eyner das winden eyme fyerley w[ider] das weren
¶ Czum ersten / wen im eyner alzo mit der linken hant noch dem messer greift zo sal her den ort lassen of gen yn dy hö alzo das her mit vorworfner hant daz messer um keret und den ort of / zo ist ienes winden alles vorlorn / und du magst dy weyle tuen was du selber wilt /
¶ Czum ander mol / wen im eyner greift noch dem messer als vor / als balde als her mas nur merkt / zo rükke her und czihe syn messer rich risch [ref][84v] 93.[/ref] und sterklich an im <sich> / ader keyn im weder / und sneid im durch arm · hant / dawmen ader was her begreift mit dem rücken / und czihen Indes zo wirt seyn stechen weder frey als e
¶ Wil denne iener das weren und andere bröche / zo sal her desem mit syner hant noch volgen / alzo als her im den arm begriffen hat / zo mag her im of den rucken komen / wy leichte her <aber> nicht noch volget alzo / das her harte weder helt / zo nympt her schaden / und deser fromme ·
¶ Auch · wen her ym den arm / ader dy hant mit syner linken hant begriffen / und gevangen hat / zo sal her mit syner rechten hant / gar snelle auch dar varn czwischen syner linken hant mit der her ienen begriffen <hat> / und czwischen eines degen / und mit vorworfner hant / das syn dawme / unden / und der kleyne vinger oben kome / und winde im denne den den degen alzo aus
¶ Ist denne das dezer mit deme weren und winden laz ist und trege / mit deme / alz her ieme den arm begriffen hat / und in gar veste helt / zo sal iener mit syme / degen im drewen und of in dringen / recht zam her in mit gewalt wölle stechen / und den ort io keyn sy deses gesichte / zo wil daz selbe / deser / vaste weren / Indes zo sal dezer <iener> <deme> denne / auswendig / deses armen / ader ynnewen[d]ig / den degen auswinden und würgen / und snelle weder czu varn mit dem degen of das aller neste / wen deser / mit deme als im iener also derwt und of in dringt / mit dem degen / so besorgt her sich nicht vor deme auswinden / und hat nicht / achtunge dorof / und mit deme wirt her ge[ref][85r][/ref]tüscht / und das get of dy wört / vor / noch / alzo das eyner mit eyme dinge eyme vor drewe / recht zam her das selbe io meyne czutreiben / zo wil es denne iener io weren / und <hat> nicht achtunge of eyn anders Indes als is denne iener am mynsten getrawt / zo sal deser dar varn / mit deme das her meynt czu treiben und vor im mute hat gehabt / und mit deme principio rewscht man vil lewte mete /
[ref]85r unten und 85v (94.) Nachträge zum Fangen eines Diebs und Zaubersprüche.
Herausgeschnittene Seite [95.][/ref]
Ringen (foll. 86–89)
[ref][86r][/ref]Das ist von deme Ringen :
DEr do wil lernen ringen / der sal czu dem ersten / merken und wissen das dy principia / vor noch rischheit / kunheit list und klugheit / ⁊c dy gehören och czu deme ringen // [ref]Ab Und wisse… später nachgetragen.[/ref]
Und wisse das alle höbischeit kompt von deme ringen und alle fechten komen ursachlich und gruntlich vom ringen / Czum ersten das fechten mit dem langen messer / aus dem kumpt das fechten mit dem swerte / ⁊c
[ref][86v] 96.
Nachgetragene Methode zum Finden eines Diebs.[/ref]
[ref][87r][/ref]¶ Merke ringen in czulawfen mancher wezen und geverte meister lichtnawers / und das ist gar swer und unbedewtlich / wen das das ist sein zete gewest / dorum das ist nicht yderman vorneme / der is wörde lezen /
¶ Das erste geverte gut ist do mite suche alle mol deine list wy her gewalle alle mol / höer was ich lere / wene her lewft czu dir / zo merke / daz du en sto[z]est von dir / czu peiden zeiten / alle mol lere schreiten / stozen und winden / mache blözen do man mite windet unden czun zeiten / Peide peyn vorsetczen / und hende brechen / wo her dich an greift / zo winde deine hende um syne / und syne müßen denne gleiten / oben unden öberal / do mite machstu im einen val / Wen her an dy achsel greift harte / zo machstu / und salt nicht / anders tun / wen du salt deine / hende / legen dir twere legen / ober syne drücken / und in dem selben drücken dyne hende von eynander czücken / und syne weg drücken /
¶ Dornoch und dorof / gen sechs vallen ader wezen / alle mol pein vorsetczen ader nicht / wy du selber wilt / und las dy hende endelich gen / ader langsam wy du selber wilt / zo ist es als eyns / Doraus das erste merke / das du en mögst üm greiffen / und dyne hant · an syn hercze drucke / und eyn peyn vorsetcze zo wirfstu en ober daz selbe peyn mit sym ganczen leybe
¶ Das ander get noch dem broche / alzo daz du mögst an synen elbogen greifen / und eyn peyn vorsetczen / und en ober das selbe peyn geworfen /
¶ Das dritte get aus dem broche / wen her of gewirft die hende · zo mag her sy wol drucken / mit eyn peyn vorsetczen und vorsich stozen mit ganczer kraft / und syne hende / mit dynen henden oberrücken hin weg stoßen /
¶ Das vierde ist / wen her erst mal gebricht / dornoch var im mit dyner hant / an syn antlitz / [ref][87v] 97.[/ref] czu vor aus an dy naze ader kynne / und mit der / andern hant an den rucke / und mit eyn peyn vorsetcze / und wirf in dorober
¶ Das funfte ist / das du en magst an dy prust stozen / aber mit eyner hant an das hewpt greifen / mit eyn peyn vorsetczen wirfstu en of den kop
¶ Das sechse ist / das du en magst nemen dornoch / mit eyner hant / pey dem elbogen / mit eyn peyn vorsetczen wirf in of dy zeite / und drücke mit dyner hant dy syne wol czu der erde //
Und merke das du alle desen vorgnanten geverten / magst peyn vorsetczen / ader lossen / wy du wilt /
¶ Das sibende ist / das du magst mit dyner eyner hant in syne arm gereichen / und mit der eyner hant syne an greifen / und mit dynem eynem fusse / synen fus stozen / an das ander wo du hin greifest / zo vellet her of das antlitz / ader magst das ander peyn hinder in setczen / zo wirfstu in of / den ruecken / und bricht im den arm
¶ Daz achte ist als das so itczunt gesprochen ist / zonder daz her mit eyner hant / syne an greifet / und den elbogen auswendig hin lenke / und mit der andern hant / an syne ander hant do vorne und stoz in of eyne seite /
Och me · was aus dem ersten gen arm das meyn ich hernoch sagen
¶ Och merke das du in allen geverten / das selbe peyn salt vör setczen / von weler seiten / ader mit weler hant du in wilt neder werfen //
Und in allen geverten / wenne man dir vorsetzt / mit eyn peyn / das selbe saltu mit dyme ander peyne / risch hinweg slon / und stoz snelle oben mit den henden ober rücke / zo vellet her in allen vorsetczen
¶ Och mag / das / daz neste syn / daz du in nymmest pey der eynen hant / und lest im dy ander gen / mit eym peyn vorsetczen / und dich mit syner hant um gekart / und neige ader prich in ober [ref][88r][/ref] das peyn zo vellet her sere /
¶ Das ander brechen ist / das du och oben salt hende weg stozen / und dorof gen och newn geverte / Daz get alzo dar / wen her dich heldit oben pey den achseln / zo lege dein elbogen in syne hant ynnewendig / und stoz ym dy hant weg / Und och tustu das mit der andern hant / Dornoch magstu dy newen geverte treiben als vor geschreben ist von dem arm brechen ·
¶ Nu merke wy du salt unden brechen auch czwey merke wen her dich heldit / zo stoz mit dyner hende an syn gelenk von peider hant / und von unden of / Dorof / gen auch newn // Daz ander das du magst gestozen von of yn dy elbogen / harte mit dynen henden / do magstu auch newne geverte aus brengen / als vor / das syn itczunt vire
¶ Merke aber vire / daz du magst arm brechen / czu dem ersten mal / wen her dich heldit / pey den achseln / zo saltu dyne hende mit dyme elbogen / von oben nyder weg / stozen / zo komen syne hende dir an das hawpt / und drücke yn czu dir an dyn zeite / und merke io das du ym kumest mit dyner hant an synen arm gelenke und das du dyn hewpt hinden harte heldist ym den dy hant / und mit der andern hant ym an syne brust weg stozen / zo brichstu ym den arm / ader setczist ym dein fus under / zo vellet her gar sere
¶ Das ander geverte ist auch also / sunder daz du von unden of slest dyne hant zo windestu syne weg / zo kumpt syne hant / under dyn arm / zo lestu yn um lawfen / ader setczest ym eyn fus under zo vellet her / Das selbe geverte magstu tun czu der andern hant auch czwei / zo werden auch viere / das werden denne nu achte
¶ Doch merke wen du yn ümgreifest mit dem leibe ader um den leip und dyn hewpt harte harte heldist an seyne brust und wen her dir denne an das kynne greifet mit eyner hant / und mit der andern an das hewpt / zo stoz yn weg / Dornoch stoz yn magstu syne hende / mit eym peyn vörsetczen auch weg stozen / So mag her dir dyn peyn auch weg stozen / mit sym fuße / und auch dich oben mit synen henden / das bricht dir denne weder dyn ringen und dyne sterke /
¶ Vor hatzstu ir achte [ref][88v] 98.[/ref] und aus itzlichen newn // Nu merke aber ander vire und aus itzlichen gen irer newne als vor /
Wen her dich begreift an dyne brust vorne / zo drucke syne hende in dynen von oben neder an dy brust / als vor / der hastu noch newne / das ist nu das erste
¶ Das ander als vor mit deyme elbogen von oben neder / als vor um syne hende gewunden / zo hastu doraus arber newne
¶ Das dritte von unden of pey der brust / gestozen / zo hastu aber newne
¶ Das vierde von unden of mit dynen knochen / zo hastu ir aber newne / Alzo hastu ir czwelfe / und aus itzlichen newne //
¶ Merke mit dem selben sloffe <ader> stosse und um mit dem magstu eynen von dir brengen / Wo her dich an greifet / Wen her dich an greifet pey dem ermel / do vorne pey der hant / ader kegen dem ermeln an dem gelenke / ader mit eyner hant an dy brust / ader wo her dich an greift / zo magstu yn mit dem selben slon und mit winden von dir brengen / Und dornoch magstu yn stozen wy du selber wilt / das her czu dir / mit nichte komen mag // noch mag dich recht mit nichte begreifen · oberal an dem ganczen leibe /
¶ Eyn ander czulawfen merke / wen her czu dir nü springet / und du ym eyn peyn hast vorsaczt / zo mag her mit eym spronge dir entgen / mit eyner hant gegriffen noch dem peyn und mit syner ander hant an dy brust gestossen · das du of das hewpt vellest / Das ist do weder / wen her noch dem beyne greifet / zo czucke is hinderwert / und rucke yn noch dir / zo vellet her of das antlitzt
¶ Merke das ander gesetcze / wen her kegen dir spring<t> / zo mag her dich under den armen um greifen / und mit seym peyn hin noch schreiten / wirft dich of den / rucke gar harte / Das ist dorweder / wen her dich zo um greift / zo valle balde und snelle of dy seite dyn / das ist dy veste büße / czu dem ringen /
¶ Merke das dritte gesetcze wen her czu dir springt ader schreit / zo mag her dich derwischen mit synen peiden vör dy brust dyn / und vellet neder und rückt dich of noch ym / und springt dir mit syme fuze enkegen / und wirft dich ober syn hawpt / [ref][89r][/ref] das du verre enweghin schüst / Das ist do wider / wen her dich zo greift // snelle und gar balde valle of yn / und volge ym / zo mag her dir nicht getun /
[ref]89v (99.) und 90r leer[/ref]